Ersteindruck – »Dandadan« – Der nächste große Shonen Hit? (Band 1 & 2)

Warum immer auf eine Review nach Abschluss der Serie warten, wenn man sich schon nach der ersten Episode beziehungsweise dem ersten Band einen Eindruck bilden kann? Da setzt Ersteindruck an und gibt schon einmal einen Ausblick darauf, ob es sich lohnt, dem Anime oder Manga eine Chance zu geben, oder nicht.

Dandadan Band 1
Titel: Dandadan
Genre: Action, Romantic Comedy, Supernatural
Mangaka: Yukinobu Tatsu
Start: April 2021 (Japan)
März 2023 (Deutschland)
Bände: aktuell 9 Bände 
Verlag: Crunchyroll Manga
Preis: 7,50 € pro Band

(Basis für diesen Ersteindruck sind Band 1 und Band 2.)

»Dandadan« ist seit dem Start im » Shōnen Jump+ « in aller Munde. Die ersten neun Bände des Mangas haben sich bis März 2023 bereits über 2,5 Millionen Mal verkauft, obwohl der wilde Mix aus Comedy, Action und Fantasy bisher keine Anime-Umsetzung erhielt.

Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass ein Publisher in Form von Crunchyroll Manga die Reihe seit diesem März nach Deutschland bringt. Fans freuen sich direkt über ein Einsteigerset, das die ersten beide Bände enthält. Ob der verrückte Manga mich als Shōnen-Fan auf eine ähnliche Weise überzeigen kann, wie es »Chainsaw Man« vor einiger Zeit tat, will ich heute überprüfen!

(Zusammenfassung)

Momo und Okarun gehen auf dieselbe Schule – und das war´s mit Gemeinsamkeiten. Oberstufenschönheit Momo glaubt an Geister und hält Aliens für Unfug. Außenseiter Okarun dagegen glaubt felsenfest an Außerirdische und hält Geister für Quatsch. Also wetten sie darum, wer Recht hat: Momo soll dazu ein verlassenes Krankenhaus aka Alienversteck aufsuchen, Okarun einen Spuktunnel. Aber was dann passiert, lässt selbst ihre verrücktesten Vorstellungen fantasielos erscheinen.

Crunchyroll Manga

 

Plus Mehr als es zu sein scheint?

Dandadan - Scan 1DANDADAN © 2021 by Yukinobu Tatsu

Als ich das erste Mal auf die Handlung von »Dandadan« blickte, erwartete ich eine shōnentypische Geschichte, die ich schon zu häufig in anderen Reihen wie »Jujutsu Kaisen« oder »Chainsaw Man« in letzter Zeit gesehen habe: übernatürliche Fähigkeiten, ein etwas lethargischer Hauptcharakter, actiongeladene Kämpfe und eher kindlicher Humor. Glücklicherweise kann »Dandadan« sich relativ schnell seine eigene Identität bilden. Einen großen Einfluss darauf haben die Zeichnungen von »Chainsaw Man«-Assistent Yukinobu Tatsu, die den Figuren extrem viel Dynamik verleihen. Dies gelingt Tatsu durch die sehr speziellen Posen, in denen er seine Charaktere zeichnet. Dies ist speziell bei Momos Großmutter Seiko auffällig, die häufig sich bückend oder auf den Boden wälzend gezeichnet wird. Dies verleitete mich nicht nur dazu, genauer hinzuschauen, sondern charakterisiert die Figuren auch durch ihre unterschiedlichen Bewegungen.

Die unglaubliche Kreativität des Mangaka gerät aber erst bei dem Design der verschiedenen Geister und Außerirdischen wirklich zum Vorschein. Zwar wirken die Gegner der Shōnen-Konkurrenten »Chainsaw Man« oder »Demon Slayer« auch stark und furchteinflößend, »Dandadan« kann hier aber noch mehr Stärken ausspielen: So wirken die Gegner zwar auch hier furchteinflößend (einzelne Panels weisen starke Parallelen zu den Werken von Junji Itō auf), aber gleichzeitig weitaus dynamischer, da Mangaka Tatsu durch schnelle Szenenwechsel sowie mit verrückten Einzelheiten gefüllten Hintergründen dem Leser suggeriert, dass die gesamte Geschichte sehr schnell voranschreitet.

Diese Dynamik führte dazu, dass ich beide Bände mit einer unglaublichen Geschwindigkeit gelesen habe, obwohl ich teilweise mehrere Minuten auf nur ein Panel gestarrt habe.

 

Mixed Nerd sein ist cool

Dandadan - Scan 2DANDADAN © 2021 by Yukinobu Tatsu

Der Hauptcharakter Okarun wirkt zwar auf den ersten Blick wie ein typischer Nerd, der es schwer hat, Freunde zu finden (und im Design verdächtig stark Onoda aus »Yowamushi Pedal« ähnelt), zeigt aber bereits im ersten Kapitel, dass er sich doch stark von den sonstigen Nerds in ähnlichen Reihen stark unterscheidet. Würden Figuren in anderen Manga kaum mit einer Frau reden können, blüht Okarun direkt auf, wenn er mit jemandem über seine große Leidenschaft reden kann. Seine »Partnerin in Crime« Momo wirkt auf den ersten Blick wie sein komplettes Gegenstück: Sie ist hübsch, hat viele Freunde und scheint auf den ersten Blick ihre Schulzeit zu genießen. Im Vergleich zu weiblichen Charakteren anderer beliebter Shōnen-Manga wie »Death Note«, »Dragon Ball«, »Naruto«, »Bleach«, »One PIece« et cetera existiert sie nicht nur als Element, um dem männlichen Hauptcharakter als Sprungbrett zu dienen oder als Eye-Candy, sondern als eigenständige starke Figur, die ihre eigenen Hürden zu überwinden hat.

Die Beziehung dieser beiden ungleichen Charaktere würde ich – neben den Zeichnungen – als große Stärke von »Dandadan« beschreiben. Anstatt die Beziehung nur auf einseitigen Witzen auf die Kosten des „Nerds“ oder eine geheime beste Freundschaft aufzubauen, erkennen beide Figuren sehr schnell, dass sie sich unglaublich gernhaben. Trotz dessen sind sich beide Figuren ihrer Stellung in der Schulhierarchie durchaus bewusst und reflektieren somit ihre Beziehung stetig und hinterfragen, inwieweit diese Bestand haben kann. Dieser Zwiespalt zwischen Freundschaft sowie schulischer Stellung führt zu glaubhaften Konflikten, die aber im Laufe weniger Kapitel aufgelöst werden.

Die Charaktere wachsen bereits in den ersten Kapiteln miteinander und vertiefen somit ihre Beziehung. Da man in aktuellen großen Shōnen-Reihen (abgesehen von »My Hero Academia«) eher selten Romanzen findet, freue ich mich, dass »Dandadan« diesen Aspekt des menschlichen Zusammenlebens in den Vordergrund stellt.

 

Plus Effekthascherei?

Dandadan - Scan 3DANDADAN © 2021 by Yukinobu Tatsu

In einer Diskussion mit Anihabara-Redakteur Kevin kam ich zuletzt darauf zu sprechen, dass ich im Vergleich zu vielen meiner Freunde kein besonderes Augenmerk auf die zeichnerische Umsetzung bei Manga oder Anime lege. So beeindruckt mich »Dandadan« zwar, so wie es abgesehen von »One-Punch Man« kaum ein anderer Shōnen-Manga getan hat, ohne eine spannende Story oder gut geschriebene Charaktere würde ich die Reihe aber nicht weiterlesen. Ich bin zwar ein großer Fan vom Zusammenspiel der beiden Hauptfiguren, kann mir aber nicht vorstellen, dass die Reihe nur von diesen getragen wird.

Die Geschichte der ersten zwei Bände wirkte bisher eher wie eine Art Exposition, weshalb es ziemlich schwer ist, ein klares Urteil zu fällen. Kreative Charakterdesigns und Hintergründe habe ich in der Geschichte bisher teilweise vermisst. Ich habe zwar Spaß, die Kämpfe zu verfolgen, konnte bisher aber noch keine übergreifende Storyline erkennen, die mich gepackt hat. Ich persönlich gehe davon aus, dass der Manga noch einige Kapitel benötigen wird, um einen klaren roten Faden zu finden.

In einigen Momenten hat die starke »In your face«-Stimmung des Mangas mich sogar abgeschreckt. So wird Momo direkt zu Beginn des ersten Bands von Aliens entführt und in sexuell eindeutigen Posen dargestellt. Diese Szene wirkte auf mich eher abschreckend als wirklich spannend.

Zusätzlich ist der Humor der Reihe stark infantil: Witze über das männliche Geschlechtsorgan stehen hier auf der Tagesordnung, ohne wirklich überraschend oder besonders kreativ wie bei »Gintama« zu sein. Eine gute Figur macht hierbei aber zumindest die deutsche Übersetzung, die durch das Nutzen jugendlichen Sprachgebrauchs den Ton der Reihe gekonnt einfängt.

 

Fazit – Ein absolutes Feuerwerk:

»Dandadan« ist ein wirklich sehr guter Shōnen-Manga, der speziell durch seine verrückten und dynamischen Zeichnungen sowie das Zusammenspiel der beiden Hauptcharaktere aus dem Gros der Shōnen-Landschaft heraussticht. Obwohl der Humor sicherlich gewöhnungsbedürftig ist, macht er somit Lust auf mehr.

Solltet ihr kein Problem mit einem eher lockeren Humor haben und abgedrehte Action mögen, solltet ihr »Dandadan« unbedingt eine Chance geben. Falls ihr eine spannende und dramatische Story sucht, werdet ihr bei diesem Manga zwar nicht fündig, alleine für die Zeichnungen sollte jeder Shōnen-Fan der Reihe aber zumindest eine Chance geben.

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