Angezockt – »Fire Emblem Engage« – Ringtausch in Elyos

Vor vier Jahren kam für die Fire-Emblem-Reihe das große Debüt auf der Nintendo Switch und erzielte nicht nur Lobeshymnen, sondern wurde auch in der breiten Masse endlich anerkannt. Nun richten sich alle Augen auf den neuen Titel »Fire Emblem Engage«. Phil Brülke sagt euch, wie dieser sich schlägt.

FEE Infobox
Titel: Fire Emblem Engage
Genre: Strategie-Rollenspiel
Publisher: Nintendo
Entwickler: Intelligent Systems
Release: 20. Januar 2023
USK: Ab 12 Jahren
UVP: 59,99 Euro

Ein neuer Titel einer alteingesessenen Reihe birgt oft die Angst vor Stagnation und gerade bei dem Erfolg von »Fire Emblem: Three Houses« wäre es nicht überraschend, wenn die gleiche Formel erneut genutzt und lediglich ein optisch neues Gewand übergezogen wird. Doch »Fire Emblem Engage« schafft es, erfolgreich zu den Wurzeln der Reihe zurückzukehren, was vor allem die Old-School-Fans erfreut, bedient sich aber trotzdem wichtiger und guter Elemente aus Three Houses. Mit frischem Wind und klassischen Elementen startet Nintendo also ins Videospieljahr 2023.

 

Erwachen einer Gottheit

FEE 1Der Kontinent Elyos musste im Laufe seiner Geschichte oft leiden. Neben der Kriege, die die verschiedenen Nationen untereinander führten, litt er hauptsächlich unter der Angst vor dem finsteren Drachen Sombron. Die Drachengöttin Lumera versiegelte dessen Macht zwar, doch dieses Siegel kam mit einem hohen Preis: Lumeras Kind wurde beim Kampf verletzt und in einen komatösen Schlaf versetzt. Nach nun tausend Jahren erwacht dieses Kind namens Alear wieder und ist eure Hauptfigur im Spiel. Welches Geschlecht diese trägt ist, wie gewohnt, eure Wahl. Nach dem Schlaf stellen sich Alear allerdings so einige Fragen, denn Alear hat alle Erinnerungen verloren hat und weiß lediglich noch, wie die Emblem-Ringe genutzt werden können. Diese sind spezielle Ringe, die Heldinnen und Helden aus dem Fire Emblem-Universum beschwören können. Viel Zeit, um das alles zu verarbeiten, bleibt Alear nicht, denn es stellt sich schnell raus, dass der böse Drache Sombron kurz vor der Rückkehr steht und zu allem Überfluss das Schloss Lumeras von korrumpierten Untoten angegriffen wird. Jetzt heißt es für Alear, dieser Bedrohung Einhalt zu gebieten.

Die Geschichte von »Fire Emblem Engage« ist zwar nicht explizit schlecht, überrascht aber auch an keiner Stelle. Während der Vorgänger noch mit überraschenden Wendungen und tiefgreifenden Geschehnissen glänzt, wurde bei »Fire Emblem Engage« ein direkterer Weg gewählt. Es fühlt sich teilweise wie ein typischer Fantasy-Roman an, in dem die Handlungen der Charaktere und deren Absichten von Beginn an feststehen. Dies sorgt leider auch dafür, dass einem die Dialoge schnell egal werden und den A-Knopf bis zum nächsten Kampf durchhämmert. Dahingegen steckt, wie auch schon bei »Fire Emblem: Three Houses«, sehr viel Liebe in den Charakteren. Gerade Alear hat mehr Tiefe als jede Hauptfigur eines Fire Emblems jemals. Auch die vielen Begleiter haben alle ihre eigenen, sympathischen Seiten und Macken, sodass es manchmal schwerfällt, eine Auswahl zu treffen, wen man denn nun mit in die Schlacht nehmen will. Aus erzählerischer Sicht steht »Fire Emblem Engage« allerdings ganz klar im Schatten seines Vorgängers.

 

Mit viel Nostalgie in die Schlacht

FEE 3Die meiste Zeit werdet ihr in »Fire Emblem Engage« auf dem Schlachtfeld verbringen und das ist auch gut so. Das strategische Rollenspiel hat hierbei stark an Kämpfen zugelegt und meist metzelt ihr euch von Schlacht zu Schlacht mit sehr kurzen Verschnaufpausen. Dabei gilt das alte Prinzip von Schere, Stein, Papier. Schwertträger schlagen Axtkämpfer, Axtkämpfer besiegen Speerträger und Speerträger haben gegen Schwertträger die Oberhand. Eine kleine Änderung bringt allerdings Würze in die Kämpfe von »Fire Emblem Engage«: der Bruch-Status. Dieser sorgt dafür, dass Einheiten bei einem Angriff ihres Schwachpunkts die Waffe fallen lassen und bis zum Ende der Runde keinen Gegenangriff mehr ausführen können. Das passiert sowohl euren Einheiten als auch euren Gegnern. Ein Element, was viel Taktik und Tiefgang in das eher einfach System von Fire Emblem bringt.

Die wohl größte Neuerung in den Kämpfen sind allerdings die Emblem-Ringe. Diese steigern eure Statuswerte und erlauben euch sogar mit den jeweiligen Geistern in den Emblem Ringen zu fusionieren, um für ein paar Runden stärke Angriffe auszuführen. Das bietet nicht nur einen riesigen taktischen Vorteil, sondern auch einen Hieb mit dem Nostalgie-Hammer für Fans der Fire Emblem-Reihe. Innerhalb dieser Ringe schlummern nämlich Helden aus längst vergangenen Fire-Emblem-Tagen, wie Marth und Roy. Durch das regelmäßige Einsetzen dieser Embleme steigert ihr außerdem das Band zwischen euren Charakteren und den Emblemen, wodurch sie euch noch mehr ihrer Fertigkeiten zur Verfügung stellen. Mit entsprechendem Erweiterungspass könnt ihr auch Edelgard, Claude und Dimitri aus Three Houses an eurer Seite kämpfen lassen. Der Pass ist mit 29,99€ allerdings nicht gerade ein Schnäppchen und eher für Hardcore-Fans der Reihe gedacht.

Die letzte Zutat, um ein Fire Emblem erst perfekt zu machen, ist das aus einigen Vorgängern bekannte Klassensystem: Denn ab einem bestimmten Level könnt ihr euren Charakteren Klassen zuweisen … oder diese erweitern. Das sorgt für neue Fertigkeiten und besseren Umgang mit bestimmten Waffen. Die Auswahl der Klassen wirkt dabei schier endlos und lässt keine Wünsche offen. Kommt ihr mal an einer bestimmten Stelle nicht weiter, lohnt es sich daher immer, mit diesem System herumzuexperimentieren.

 

Im Krieg wird nicht gequatscht! 

FEE 5Gerade Fans von »Fire Emblem: Three Houses« müssen an dieser Stelle stark sein, denn das Socializing-System hat ein starkes Downgrade erhalten und ist aufs Minimalste runtergebrochen. Ihr könnt zwar weiterhin euren Gefährten Geschenke machen und das Band, was euch verbindet, stärken, allerdings nur sehr oberflächlich und bei Weitem nicht so persönlich wie im Vorgänger. Das ist vor allem schade, da »Fire Emblem Engage« viele tolle Charaktere bietet, die es verdient hätten, mehr Tiefgang abseits der Hauptgeschichte zu erhalten. Da sich »Fire Emblem Engage« eben viel auf die Kämpfe fokussiert, bleibt das

Abhängen und Beschenken am Ende auch nur eine Möglichkeit, um euch dort einen Vorteil zu verschaffen.
Neben den spärlichen Möglichkeiten für soziale Interaktionen habt ihr viele kleine Beschäftigungen in eurer Hub-Welt Somniel, mit denen ihr die Zeit totschlagen könnt, bis ihr zum nächsten Schlachtfeld reist. Angeln, Kochen, Sporttreiben oder Tierestreicheln sind möglich und verschafft euch neue Materialien, stärkt die Bunde zwischen euren Charakteren oder bringt auch Statusvorteile für den nächsten Kampf. Außer Abwechslung und Ruhe zwischen den

Kämpfen könnt ihr hier auch eure Charaktere in Ruhe anpassen und ausrüsten.
Und wenn euch die unzähligen Kämpfe innerhalb der Haupthandlung nicht reichen, bietet »Fire Emblem Engage« sogar ein paar Online-Funktionen. Ihr könnt beispielsweise eine Art Survival-Modus spielen, in dem ihr hintereinander verschiedene Schlachten schlagt, oder ihr bildet mit anderen Spielern Teams, um vorgegebene Herausforderungen zu meistern. Außerdem könnt ihr sogar eigene Kampfkarten in einem Map-Editor basteln und diese im Internet anderen Spielern zugänglich machen. Eine willkommene Abwechslung.

 

Augenschmaus der Extraklasse

FEE 7Ohne jeden Zweifel ist »Fire Emblem Engage« der optisch schönste Vertreter der gesamten Reihe und eines der bisher schönsten Spiele auf Nintendo Switch im Allgemeinen. Die Geschichte wird durch viele detailreiche Anime-Szenen erzählt. Die Bewegungsanimationen der Charaktere wirken authentisch und der generelle Look, speziell auch beim Beschwören der Embleme, ist super gelungen. Zusätzlich bieten die Schlachtfelder viel Abwechslung fürs Auge. Die kurzen Kampfanimationen nach einem Angriff gehen nahtlos ins Spielgeschehen über und nerven durch ihre schöne Optik im Spielverlauf zu keiner Zeit. Lediglich das Charakterdesign der Hauptfigur ist ein Reinfall. Die Gesichtszüge kommen einem mehr als klischeehaft vor und die Kolorierung wirkt fast schon albern. Dadurch verlieren manche Sequenzen stark an Ernsthaftigkeit. Hier darf es im nächsten Ableger der Reihe gerne wieder etwas schlichter sein.

Musikalisch wird auf eine sichere Bank an stimmungsvollen Melodien gesetzt und auch das Sounddesign bei Angriffen wirkt angenehm wuchtig. Dialoge sind zum Großteil vertont und klingen, zumindest in der japanischen Synchronisation, sehr gut. Die englische Tonspur hingegen klingt zumeist unpassend und wirkt wie eine schlechte Seifenoper. Da die Sprache des Tons allerdings jederzeit im Hauptmenü umgestellt werden kann, ist es euch selbst überlassen, von welcher Sprachausgabe ihr euch berieseln lasst.

 

Fire Emblem Engage: Mein Fazit

gelber DaumenAm Ende des Tages ist »Fire Emblem Engage« ein absolut runder Titel, der weniger das Rad neu erfindet, als sich selbst auf alte Wurzeln besinnt. Die taktischen Kämpfe bilden den Hauptteil des Spiels und machen gleichzeitig den meisten Spaß, ohne jemals schwer oder unfair zu wirken. Der Mix aus alten und neuen Charakteren ist ebenfalls sehr gelungen und designtechnisch, mit ein paar Ausnahmen, fantastisch geworden. Zwar ist »Fire Emblem Engage« erzählerisch nicht der stärkste Titel, zeigt sich aber optisch als schönstes Fire Emblem der Reihe. Für Fire Emblem-Fans und Freunde von Strategie-Rollenspielen ein absoluter Pflichtkauf.

 

Plus Minus
  • spannende Kämpfe
  • anspruchsvolles, aber faires Gameplay
  • liebevoll geschriebene Charaktere
  • schöne und flüssige Animationen
  • spannende Online-Features
  • schwache Geschichte
  • Downgrade der sozialen Interaktionen

Rezensionsexemplar - NIS America

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Scroll to top