Ersteindruck – »Look Back« – Zwei Leben in einem Band (Einzelband)

Warum immer auf eine Review nach Abschluss der Serie warten, wenn man sich schon nach der ersten Episode beziehungsweise dem ersten Band einen Eindruck bilden kann? Da setzt Ersteindruck an und gibt schon einmal einen Ausblick darauf, ob es sich lohnt, dem Anime oder Manga eine Chance zu geben, oder nicht.

Look Back - Band 1
Titel: Look Back
Genre: Drama, Slice of Life
Mangaka: Tatsuki Fujimoto
Start: 19. Juli 2021 (Japan)
10. Oktober 2022 (Deutschland)
Bände: in einem Band abgeschlossen
Verlag: Egmont Manga
Preis: 10,00 €

(Basis für diesen Ersteindruck ist der Einzelband.)

Spätestens mit der Veröffentlichung des »Chainsaw Man«-Anime ist der Mangaka Tatsuki Fujimoto in aller Munde. Meine erste Begegnung mit ihm war allerdings erst vor Kurzem: Sein Kurzmanga »Sayonara Eri« hat mich Anfang des Jahres wieder zum Mangalesen gebracht. Deswegen habe ich mich sehr auf die deutsche Publikation von »Look Back«, seinem letztjährigen Kurzmanga, gefreut. Ob meine Erwartungen erfüllt wurden, erkläre ich hier.

(Zusammenfassung)

Seit frühester Kindheit verbringt Fujino ihre Zeit am liebsten mit Zeichnen. Für ihre Comicstrips in der Schülerzeitung wird sie von ihren Mitschüler:innen gefeiert. Eines Tages erfährt Fujino, dass auch die talentierte Kyomoto, eine Schülerin, die wegen ihrer Agoraphobie das Haus nie verlässt, für die Zeitung zeichnen möchte. Von der unerwarteten Konkurrenz angespornt gibt Fujino alles, um eine bessere Künstlerin zu werden. Doch wie sich herausstellt, ist Kyomoto ein begeisterter Fan von Fujinos Werken …

Egmont Manga

 

Plus Emotionale Geschichte mit Wendungen

Look Back- Scan 1LOOK BACK © 2021 by Tatsuki Fujimoto / SHUEISHA Inc.

Zu Beginn sehen wir, wie stolz Fujino auf ihre 4-Panel-Manga ist und wie sie Eifersucht auf Kyomoto entwickelt, weil diese ihr mit ihren detaillierten Hintergründen die Aufmerksamkeit der Klasse stiehlt. Das treibt sie zunächst an und lässt sie in die Arbeit abtauchen, entwickelt sich dann aber zu Frust und Resignation. Dabei wird man als Leser eng eingebunden.
Umso schöner ist der Moment, wenn Kyomoto Fujino bei ihrem ersten Treffen »Sensei« nennt und offenbart, dass sie genauso von Fujino angespornt wurde wie sie von Kyomoto.
So wendet sich die Geschichte zum ersten Mal und aus Rivalinnen wurden Partnerinnen auf dem Weg zum großen Mangaka-Erfolg. Die sich entwickelnde Beziehung zwischen Fujino und Kyomoto wird zum Fokus der Geschichte. Dabei hilft die extrovertierte Fujino der introvertierten Kyomoto, die sich bis dahin nicht aus ihrem Zimmer traute, die Außenwelt kennenzulernen und ihr Selbstvertrauen zu steigern.

Die weiteren Wendungen lasse ich hier aus, um nicht zu viel vorwegzunehmen. Aber alle haben gemeinsam, dass man sich als Leser an einen neuen Verlauf der Geschichte einstellt und dabei die Emotionen der Figuren nachvollzieht. Ich finde, damit fühlt man sich als Begleiter des Duos und sympathisiert mit ihnen, obwohl man in dem etwa 140 Seiten langen Band noch nicht einmal so viel Zeit mit ihnen verbringt. Dazu trägt auch die Aufteilung der Seiten bei, aber dazu später mehr.

Eines meiner Highlights war, als im Verlauf der Geschichte der Erzähler von einem neutralen Beobachter in die Vorstellungen einer der Figuren verliert. Dabei werden auch die Ereignisse unwahrscheinlicher und fantastischer. Dadurch wird die Geschichte abwechslungsreich und bleibt frisch.

 

Plus Beeindruckendes Paneling

Look Back- Scan 2LOOK BACK © 2021 by Tatsuki Fujimoto / SHUEISHA Inc.

Viele der Mangapanels zeigen Fujinos Rücken, während ihr Oberkörper sich über einen Tisch beugt, um zu zeichnen. Was im ersten Moment eintönig klingt, zählt, meiner Meinung nach, zu den größten Stärken des Mangas. Diese Panels transportieren über die Hintergründe und ihren jeweiligen Kontext Fujinos aktuellen Gemütszustand sowie das Ausmaß ihres Arbeitswahns. Sowohl ihr Rücken als auch die Hintergründe insgesamt gewinnen im Laufe der Geschichte eine tiefere Bedeutung und verknüpfen somit die narrative Ebene sowohl mit den metaphorischen als auch den tatsächlich gezeigten Bildern.

Der Lesefluss fühlt sich angenehm an und selbst als jemand, der nicht viele Manga liest, konnte ich dem Geschehen folgen, ohne mit der Reihenfolge durcheinander zu kommen. Eigenschaften wie Größe und Gruppierung der Bilder transportieren die Stimmung nachvollziehbar. Zum Beispiel werden die Panels klein, wenn sich Fujino klein fühlt, und groß, wenn sie starke Emotionen verspürt.

Selbst das Umblättern wird clever genutzt, um den Leser besser einzubinden. Das sieht man schon auf den ersten Seiten. Wechselt man von Seite 4/5 auf Seite 6/7 kann man direkt in den jeweiligen Bildern sehen, wie der Hochmut unserer Hauptfigur in Frust umschlägt, wenn jemand ihre Zeichnungen übertrifft. Diese Panels liegen übereinander und sind ähnlich geformt. Das Zweite ist etwas größer, was subtil darauf hinweist, dass die Frustration größer ist als der Stolz, den sie vorher verspürte.

 

Mixed Etwas verwirrend im letzten Akt

Look Back - Scan 3LOOK BACK © 2021 by Tatsuki Fujimoto / SHUEISHA Inc.

Im letzten Akt hätte man etwas deutlicher machen können, was real ist und was sich nur in Fujinos Kopf abspielt. Ohne zu sehr auf die Ereignisse im letzten Drittel einzugehen, sehen wir teilweise Fujinos Hoffnungen, Erinnerungen und Gedankenspiele ohne klare Abgrenzungen zu dem, was tatsächlich geschieht. Das kann man durchaus so darstellen und aufmerksame Leser werden nach ein paar Seiten auf jeden Fall wieder folgen können. Allerdings habe ich das Gefühl, dass einige emotionale Momente beim Umblättern etwas verwässert werden, weil man noch einen Moment braucht, um zu überlegen, an welchem Punkt man sich befindet. Das müsste nicht so sein, da die Geschichte nicht wirklich verwirrend oder über mehrere Zeitlinien verteilt ist.

An der Stelle spreche ich noch mal kurz das Ende an. Wer Spoiler vermeiden möchte, sollte zum Fazit springen. Der Manga endet an einem traurigen, offenen Punkt. Ich finde den Abschluss passend und finde auch eine Geschichte ohne Happy End reizvoll, aber wenn ihr nach einer konkreten Auflösung sucht oder mit einem negativen Schluss unzufrieden seid, überschattet das Ende womöglich, wie ihr über den Manga denkt.

 

Fazit:

Wenn man »Ein Manga vom Autor von Chainsaw Man« hört, erwartet man wohl kaum ein intimes Drama über das Erwachsenwerden, Ambitionen, Freundschaft und Verlust. Und wenn ein One-Shot so viele Themen behandelt, bekommt man wahrscheinlich auch etwas Angst um die Balance. Diese Befürchtungen bewahrheiten sich zum Glück nicht. Das clevere Anordnen und Füllen der Panels hilft, schnell Emotionen aufzubauen, und effizient eingesetzte Wendungen ergeben eine kondensierte, mitreißende Geschichte. Ich kann euch »Look Back« nur wärmstens ans Herz legen.

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