Anime-Review: Brand New Animal – Triggers Furryfest auf dem Prüfstand

BNA - Cover
Titel: Brand New Animal
Genre: Action, Fantasy
Studio: Trigger
Release: 2020
Episoden: 12 à 22 Minuten
Publisher: Netflix
Preis: im Abo

Los Angeles, 2019: Jedermenschs und jederbiests Lieblingsstudio Trigger stellt einen neuen Anime namens »Brand New Animal«, kurz BNA, in Aussicht und trotz der Tatsache, dass es sich vorerst nur um ein Key-Visual handelt, zeigt sich das Internet direkt mehr als begeistert. Es könnte daran liegen, dass anthropomorphe Figuren mit dem genauso gehypten »Beastars« oder dem Videospiel »Blacksad« gerade einen kleinen Boom verzeichnen. Es könnte aber genauso daran liegen, dass Triggers einzigartiger visueller Stil einem Freifahrtsschein gleicht und besonders die Neonfarbgebung aus der Animelandschaft durchaus heraussticht. Jetzt, ein Jahr später, ist BNA endlich auf Netflix verfügbar. Was also kann Triggers ein Jahr lang erwartetes Furryfest?

(Zusammenfassung)

Nachdem Tiermenschen bislang in den Schatten der Geschichte verborgen gehalten wurden, gelangte ihre Existenz im 21. Jahrhundert ans Licht. In dieser Welt lebt Michiru, ein normales Mädchen, das eines Tages zu einem Waschbärmenschen wird. Sie rennt von zu Hause weg und findet Zuflucht in einem speziellen Stadtteil namens Anima City, den die Tiermenschen vor 10 Jahren aufbauten, um als sie selbst zu leben. Dort trifft sie auf Shirou, einem Wolfmenschen, der die Menschen verachtet. Durch ihn kommt sie mit den Sorgen, dem Lebensstil und den Freuden der Tiermenschen in Kontakt. Als die beiden der Frage nachgehen, warum Michiru zu einem Tiermenschen wurde, finden sie sich in eine Angelegenheit verstrickt, der sie nicht gewachsen scheinen.

eigene Übersetzung

Handlung

Die Erzählung von BNA ist vielleicht der schwächste Teil der Serie. Zwar bedient sich der Anime vielerlei moderner und politischer Themen – so wird der Clinch zwischen Menschen und Beastmen selbstredend als Metapher für Rassismus verwendet, wie auch die späteren Absichten des Antagonisten tief in den Faschismus abrutschen. Gleichzeitig wird mit einer später in der Serie aufkommenden Droge, die Beastmen in Menschen verwandeln kann, auf das Identifikationsgefühl der Beastmen eingegangen, was selbstredend ein Vergleich zur Black Identity ist. Das Gesprächsthema »Was ist denn so schlimm daran, kein Beastman mehr zu sein?« erinnert mich an so etwas wie »Hast du schon mal versucht, nicht schwul zu sein?« als Michiru zum Beispiel bei einem Streit mit Shirou nicht versteht, wie bedeutend seine Identität für den Wolf-Beastman ist. Die Behandlung dieser Themen wirkt in vielen Fällen etwas stümperhaft. Dieser Konflikt wird letztendlich aufgelöst, indem Michiru sich bei einem Gespräch zum Ende der Serie gegenüber Shirou für ihr Verhalten entschuldigt. Die Serie hat aber zuvor nie den Moment dargestellt, bei dem Michiru den Fehler in einem Gedankengang feststellt. Auch das Thema Rassismus wirkt dadurch seltsam, dass man die Unterdrückten buchstäblich zu einer anderen Rasse macht, die gefühlsintensiver als Menschen reagieren und deswegen aufgrund von Kleinigkeiten in Rage verfallen, was laut einer Überlieferung wohl einst zu einem großen Massaker führte. Rassismus in unserer Welt ergibt eben keinen Sinn, da es keine wirklichen, unterschiedlichen Menschenrassen gibt. Dieses Thema reicht aber zugegeben weitaus tiefer und BNA ist bei Weitem nicht der einzige Schuldige in dem Fall – auch die eingangs erwähnten Beispiele, »Zoomania« und viele weitere Titel dieser Art haben dieses Problem.

Abseits davon ist der eigentliche Plot auch einfach nicht so interessant. Die Story ist 0815, voller Klischees – im Prinzip ist es einfach nur die Handlung von »Promare« nochmal, nur dieses Mal mit Beastmen statt den sogenannten Burnish. Selbst, dass die unterdrückten Gruppen gefühlsintensiver sind, ist bei beiden Serien gleich. Beide Anime stammen aus der Feder von Kazuki Nakashima, Autor von »Kill la Kill« und »Gurren Lagann« – von daher ist das vielleicht nicht unbedingt verwunderlich, aber auch nicht gerade einfallsreich. Vor allem da man den Plottwist hier noch stärker gegen den Wind riecht als schon in »Promare«. Zugeben ist Trigger der Anfang der Serie, eher die erste Hälfte sogar, deutlich besser geglückt als die zweite, welche sich vollends auf die Verschwörungen in Anima City konzentriert. Am Anfang wird darauf zwar viel hingedeutet, doch sind die ersten Folgen deutlich episodischer geschrieben und erzählen in sich geschlossene Handlungen, die einem mit oftmals moralisch grauen Figuren verschiedene Teile von Anima City näherbringen.

Charaktere

Das Highlight der Narrative sind definitiv die Figuren. In puncto Charme stehen diese Nakashimas anderen Figuren wie Ryūko und Maki aus »Kill la Kill« oder Galo und Lio aus »Promare« in nichts nach, nur an die Tiefe von Simon und Kamina aus »Gurren Lagann« kommen sie nicht ran. Mit Michiru und Shirou haben wir zwei Hauptfiguren, die sich bestens ergänzen – Michiru als Neuling in der Welt der Beastmen, die mit einem frischen Blick nach Anima City kommt, und Shirou als alteingesessener, schon Jahrhunderte lang existierender Beastman, der gleichzeitig konservative Denkansätze besitzt und so irgendwo auch voreingenommen gegenüber Menschen ist, genauso aber auch Eigenarten und vor allem deren Bedeutsamkeit für die Beastmen kennt. Besonders Sumire Morohoshis Performance als Michiru überzeugt – sie ist ebenfalls bekannt für Kyouka aus »Bungo Stray Dogs« und Emma aus »The Promised Neverland« – und bringt Michirus lockere, lässige, leicht trollige Attitüde perfekt rüber, die zur wahnsinnigen und übertriebenen Stimmung der Serie passt. Allgemein ist Anima City ein äußerst lebendiger Ort. Alle Figuren sind ein bisschen durch, ein bisschen sonderbar und vor allen von ihrer Tierform beeinflusst – so zum Beispiel Marie, der hinterhältige Mink. Am meisten mag ich von den Nebenfiguren aber das Baseball-Team aus den Slums. Die kleinen Knirpse sind mir mit ihrer Naivität einfach ans Herz gewachsen.

Animation

Mit Ausnahme von ufotable dürfte kein Animationsstil in der Animeszene so einzigartig und wiedererkennbar sein wie der von Trigger. BNA ist genauso vollgestopft mit übertriebenen Smears und diesen Momenten, in denen aus Comedyzwecken einfach nur ein einzelner Frame einer Figur über den Bildschirm gezogen wird. Mit Regie geführt von »Little Witch Academia«-Erfinder Yoh Yoshinari und »Kill la Kill«-Regisseur Hiroyuki Imaishi als Produzent stehen zwei Trigger-Urgesteine schlechthin an der Spitze der Produktion dieses Anime. Nach »Kill la Kill« ist BNA wahrscheinlich der Anime mit dem höchsten Anteil ursprünglicher Gainax-DNA, zumindest auf visueller Ebene. »Promare« ist zwar auch sehr stilvoll und vor allem inhaltlich typisch für Animatoren mit Gainax-Wurzeln, geht mit seinem CGI aber in neue Richtung, die man eventuell als Weiterentwicklung des alten Gainax-Stils bezeichnen könnte. BNA hingegen verzichtet weitestgehend auf CGI, setzt sogar bei dreidimensionalen Hintergründen auf Zeichnungen und überzeugt den alteingesessenen Sakugafanatiker mit einer wunderschönen, cyberpunkartigen Neonästhetik, die stark auf Blau und Purpur setzt und den Prototypen für Triggers kommenden »Cyberpunk 2077«-Anime darzustellen scheint. Visuell wurde ich jedoch am meisten vom Ending überrascht, was mich mit seiner sehr cleanen Ästhetik stark an frühere Cartoon-Network-Serien wie »Samurai Jack« erinnert. Dazu ist der Lo-Fi-Song »Night Running« von Aaamyyy einfach super gechillt. Eine Sache, die mir ebenfalls extremst positiv auffiel und die bei der Besprechung von Anime zu oft untergeht: Die Hintergründe! Gezeichnet von Bihou, die in mittlerweile Hunderten Anime für die Hintergründe verantwortlich sind, erinnert mich der Look in diesem Fall sehr an Mitte-2000er-Cartoons wie »Teenage Robot«. Sie haben starke kontrastreiche Farben ohne Konturen und besonders deutlichen Schatten.

Sound

Was bei BNAs Präsentation auf keinen Fall unerwähnt bleiben darf, ist der enorm konsistente Soundtrack von Allroundtalent mabanua, der schon die jazzigen Soundtracks zu »Megalo Box« und »Kids on the Slope« übernahm. BNA experimentiert eher mit Funk- und Lo-Fi-Klängen, was die entspannte und irgendwie moderne Atmosphäre des Anime unterstreicht. Speziell wenn ein Track wie das urbane »Hope« oder das wehmütige »Reunion« sich in den Vordergrund der Serie drücken, bekam ich »Carole & Tuesday«-Flashbacks und im selben Moment unbegründete Nostalgiegefühle, die mich an nichts Bestimmtes denken ließen. Die traumartige Stimmung der Lieder lässt einen einfach in Gedanken verfallen.

Fazit

Handlung: Charaktere: Animation: Sound: Gesamt:
5 / 10 8 / 10 9 / 10 8 / 10 75 / 100

Ich muss zugeben, ich war enttäuscht von »Brand New Animal«, aber eventuell waren meine Erwartungen auch schlichtweg zu hoch. Ich finde BNA nicht schlecht, bei weitem nicht. Ich finde die Serie sogar recht gut, allerdings glaube ich, dass sie um einiges besser hätte sein können. BNA war für mich am stärksten, wenn es seine Welt erkundete und mir jedes Mal neue, besondere Figuren vorwarf, statt sich insbesondere in der zweiten Hälfte in halbgaren Metaphern zu verlieren. Doch würde ich niemanden davon abhalten wollen, die Serie selbst zu sehen. Der ein oder andere mag dem Anime gerade durch den einzigartigen Stil und der wirklich tollen, gechillten Atmosphäre mehr abgewinnen können als ich.

Plus Minus
  • charmante Charaktere in entspannter, moderner Atmosphäre
  • wunderschöne, cyberpunkartige Neonästhetik mit Gainax-DNA
  • halbgare Metaphern insbesondere in der 2. Hälfte

Ähnlich: Kill la Kill, Beastars

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