Anime-Review: Parasyte

Parasyte - Cover(Quelle: MAL)
Titel: Parasyte
Genre: Action / Drama
Studio: Madhouse
Release: 2014
Folgen: 24 à 23 Minuten
Publisher: Crunchyroll
Preis: im Simulcast-Abo

Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit: 27 Jahre ist es nun her, dass Hitoshi Iwaaki seinen Horrormanga Parasyte startete und damit damals wie auch heute einen Hit landete. Passend zum aktuellen Zeitgeist, wo sich Fans wieder für ältere Werke interessieren, nahm sich nun also Madhouse mit einem Team ohne die üblichen Größen der Branche diesem Werk über Menschen, Monster und Natur an. Auf das, was dabei herauskam, werfen wir nun mal einen genaueren Blick. So viel aber schon mal vorweg: Alle 64 Kapitel haben in den 24 Folgen Platz gefunden. Euch bleibt es also diesmal erspart, den Manga weiterzulesen, wenn ihr wissen wollt, wie es weitergeht.

(Zusammenfassung)

Eines nachts passiert es, dass Sporen aus dem Weltall auf die Erde fallen, in denen kleine parasitäre Schlangenwesen hausen. Diese graben sich in das erste menschliche Wesen, das sie entdecken, bahnen sich den Weg zum Kopf des Wirtes und nehmen dessen Stelle ein, um Kontrolle über den Körper zu erhalten.

Im Falle des Oberschülers Shinichi Izumi jedoch schlägt der Plan jedoch fehl, da der Junge sich vor Schrecken den Arm mit seinem Kopfhörerkabel abbindet und das Wesen so in seinem Unterarm hält. Anstatt also seinen Kopf zu übernehmen, nistet sich der Parasit Migi in seiner Hand ein. Die beiden finden sich so schon bald als ungleiche Verbündete in einem Kampf gegen die Parasiten wieder, die alles dafür tun, ihre Existenz vor den Menschen zu verschleiern – selbst wenn sie dabei einen ihrer Art umbringen müssen. Auch Migi ist dabei keine Ausnahme, was ihn und sein Umfeld vor eine harte Probe stellt.

Handlung

Die Sache ist die: Die Aliens beginnen erst, Erinnerungen an ihr Leben zu haben, sobald sie ein Körperteil des Wirtes befallen haben. Vorher sagt ihnen ihr Instinkt lediglich, dass sie den Kopf übernehmen oder alternativ den Wirt zumindest am Leben halten sollen. Und so wissen weder Aliens noch Menschen, welchen Sinn ihr plötzliches Erscheinen hat, und die Serie kann sich darauf konzentrieren, dem auf den Grund zu gehen. Themen wie Egoismus, Selbstlosigkeit, Rationalität, Moral, Psyche, Gefühle, das Verhältnis der Menschen zu anderen Geschöpfen und zur Welt treten hier so zahlreich und verwoben auf, dass man meinen müsste, der Zuschauer wird damit überfordert. Tatsächlich aber bricht Parasyte alles sehr übersichtlich runter und man hat am Ende mit einer klaren Endaussage – ob man dieser zustimmt oder nicht – das Gefühl, dass alles gesagt wurde. Die Aliens jedenfalls sind extrem intelligent und können sich in wenigen Tagen sämtliches Wissen aneignen, dann trennt sich allerdings die Spreu vom Weizen: Einige leben nach ihrem Instinkt und töten Menschen, andere versuchen sich anzupassen und machen sich Gedanken über ihre Zukunft, denn Parasiten können sich nicht vermehren. Alle zusammen wollen ihre Existenz aber auf jeden Fall verschleiern, haben ihre Rechnung allerdings nicht mit den kollektiv agierenden Menschen gemacht.

Charaktere

Parasyte macht bei seinen Charakteren viel daran fest, ob die Person die gleiche Art, die andere Art oder einfach beide hasst. Während sich das bei flachen Charakteren nicht viel im Verlauf des Anime ändert, zeichnen sich die runden Charaktere im Anime dadurch aus, dass sie dies hinterfragen. Zunächst wäre da also Shinichi Izumi, ein ängstlicher Hauptcharakter, der sich durch psychischen Druck zu Gleichgültigkeit zwingt und von allem abkapselt – wie bei Ken Kaneki aus Tokyo Ghoul. Der Anime ist sein Kampf dagegen, nachdem er alle Menschen in seinem Umfeld verliert und sich an Murano und Migi als letzte Stütze krallt. Eine Frage ist dabei ganz zentral: Für wen kämpfe ich? Für mich selbst? Für meine Liebsten? Für die Menschheit? Dann wäre da noch Parasit Migi, dessen oberstes Ziel es ist, seinen Wirt Shinichi am Leben und seine Existenz verborgen zu halten. Während er sehr rational vorgeht, bemerkt er irgendwann, dass Shinichis psychische Gesundheit ebenso wichtig wie seine körperliche ist und versteht so das Konzept von Empathie und Gefühlen. Für Murano als Unwissende ist in diesem Gefüge zwischen Migi und Shinichi eigentlich kein Platz. Sie will zwar für ihn da sein, hält aber mit seiner rasanten Charakterentwicklung nicht mit und verletzt ihn und sich, was Shinichi in seiner Menschlichkeit dann doch stützt, weil sie ihm wichtig ist.

Animation

Habt ihr auch das Gefühl, dass Madhouse seinen Glanz verloren hat? Während die Animationen der Aliens zunächst echt beeindruckend wirken und selbst bei den hohen Geschwindigkeiten der Klingen absolut flüssige Bilder erzielt werden, lässt man hier gegen Ende nach, statt aufwendige Transformationen gibt es nur noch verzerrte Gesichter. Gut, dafür hört man gegen Ende auch endlich mit den 3D-Computermodellen als Sparmaßnahme auf, die wohl nie gelernt haben anständig zu gehen und lieber stotternd über den Boden gleiten. Wobei, so ganz stimmt das nicht, denn gegen Ende taucht eine Szene auf, die den Hauptcharakter als 3D-Modell in all seiner Hässlichkeit zeigt. Sollte dieser mal rennen zeigt man gerne eine Kamerafahrt durch eine 3D-Landschaft, die bis vor kurzem noch handgezeichnet war. Aber was kann ich Positives sagen: Die ernsten Gesichter im Close-Up mit all seinen Schatten und Schraffuren sind natürlich ein Markenzeichen des Studios und auch ansonsten ist der Anime gewohnt düster, was sich in Schattenwurf zeigt. Ebenfalls hat Madhouse einen guten Weg gefunden, brutale Szenen intelligent zu zensieren, und auch die herzerwärmenden Gelblichtszenen und die vielen grafischen Umsetzungen des Motivs Auge haben mir gefallen.

Sound

Wer Parasyte gesehen hat, weiß vielleicht, dass der Anime auf ein zweites Opening und Ending verzichtet. Und das hat auch einen Grund: Metal-Dubstep-Opening Let Me Hear von Fear and Loathing in Las Vegas und die moderne, japanische Klavier-Ballade It’s The Right Time von Daichi Miura bieten Komponist Ken Arai zwei sehr unterschiedliche Songs als Extreme, um die der DJ den Soundtrack des Anime webte. Hin und wieder kommt einem zwar das Gefühl, dass sich die Tracks des eigentlich unerfahrenen Anime-Komponisten abnutzen, das liegt aus meiner Sicht aber eher an der ungeheuren Einprägsamkeit statt an einem zu kurz geratenen Soundtrack. Ein gutes Beispiel ist da Next To You mit seinem ruhigen Klavierklang. Gespart wurde hingegen bei Synchronsprechern, dessen Qualität wohl von der Folgenanzahl, die der Charakter lebt, abhängt. So hat Shinichis Mutter in alten wie in jungen Jahren dieselbe ziemlich nervige Stimme, während die Stimme ihres Sohnes sich mit seinem Charakterwandel facettenreich ändert. Ansonsten gibt es aber nicht viel zu meckern. Viele lebhafte Soundeffekte und gut platzierte Stillephasen werden ebenso gut eingesetzt wie Chopins neunte Nocturne, die Shinichis romantische, realitätsverlorene Denke unterstreicht.

Fazit

Handlung: Charaktere: Animation: Sound: Gesamt:
9 / 10 9 / 10 7 / 10 10 / 10 88 / 100

Was lässt sich zu Parayste also festhalten? Parasyte bietet exzellente Aktion veknüpft mit einem Charakterwandel des Protagonisten, der sich gut darin einfügt. Während die vielen Themenschwerpunkte um Mensch, Alien und Natur verständlich abgehandelt werden, leidet die Stimmung hin und wieder unter den detailarmen Designs und den mit 3D-Computermodellen vollgestopften Schnittbildern. Der Soundtrack ist womöglich der stärkste Punkt des Anime. Obwohl Parasyte mir also viel Spaß beim Schauen gemacht hat, hat die Serie auffallende handwerkliche Schwächen. Das reflektiert auch die Endnote als Kompromiss dieser beiden Seiten. (Anmerkung: Eine Endnote setzt sich bei mir aus einer Tendenz aus über 100 Einzelnoten in den vier Wertungskategorien und einem subjektiven Ausschlag im Rahmen dieser Tendenz zusammen.)

Plus Minus
  • einprägsamer Soundtrack
  • thematisch starke Handlung
  • psychisch nachvollziehbare Charaktere
  • 3D-Animationen als Sparmaßnahme
  • detailarme Charakterdesigns

Ähnlich: Tokyo Ghoul (Anime) + Ajin (Manga)

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