Um auf den Punkt Zeit für ein Spiel bzw die typische Spielzeit bei Spielen einzugehen - ich bin der Meinung…
Ersteindruck – »Gachiakuta« – Nichts ist wertlos! (Band 1)
Warum immer auf eine Review nach Abschluss der Serie warten, wenn man sich schon nach der ersten Episode beziehungsweise dem ersten Band einen Eindruck bilden kann? Da setzt Ersteindruck an und gibt schon einmal einen Ausblick darauf, ob es sich lohnt, dem Anime oder Manga eine Chance zu geben, oder nicht.
Titel: | Gachiakuta |
Genre: | Action, Romantic Comedy, Supernatural |
Mangaka: | Yukinobu Tatsu |
Start: | Februar 2022 (Japan) April 2023 (Deutschland) |
Bände: | aktuell 6 Bände |
Verlag: | altraverse |
Preis: | 8 € pro Band |
(Basis für diesen Ersteindruck ist der erste Band.)
Spätestens seit dem Erfolg von »Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba« und »Jujutsu Kaisen« hat sich die Landschaft der Shōnen-Manga grundsätzlich verändert. Statt kraftgeladenen, aber herzlichen Fantasy-Geschichten wie beispielsweise »My Hero Academia« oder »Fairy Tail« sind nun düstere Storys mit gebrochenen Protagonisten weitaus beliebter.
»Gachiakuta« gilt als Nominierter der Kodansha Anime Awards 2023 als einer der großen neuen Shōnen-Hoffnungsträger aus Japan, weshalb ich mich sehr auf die Veröffentlichung des Titels gefreut habe. Er zeigt Kämpfe, nimmt aber gleichzeitig eine klare Haltung bezüglich bestimmter gesellschaftlicher Entwicklungen ein. Ob der Manga es schafft, an die Qualität der neuen Shōnen-Hits »Dandadan« oder »Chainsaw Man« heranzukommen, werde ich heute für euch überprüfen.
(Zusammenfassung)
Als Bewohner der Slums gehört Rudo zu den Verlierern der Gesellschaft und verbringt seinen Alltag damit, Müll zu sammeln. Als wäre das nicht schon schlimm genug, wird ihm eines Tages der Mord an seinem Ziehvater angehängt. Zur Strafe wird er wie Müll in die »Hölle« geworfen. Anstatt zu sterben, findet er sich jedoch in der Gegenwart gefährlicher Müllmonster und eines »Putzmannes« wieder. Damit beginnt Rudo, hinter die Fassade dieser Welt zu blicken …
altraverse
Erfrischende Welt, aber …
GACHIAKUTA © 2022 Kei Urana, Graffiti: Hideyoshi Andou |
Im Gegensatz zu »Jujutsu Kaisen« spielt »Gachiakuta« nicht in einer fiktiven Umgebung, die unserer Realität stark ähnelt. Die Atmosphäre, in der sich der Protagonist Rudo wiederfindet, erinnert stark an die Slums aus »Dorohedoro«. Dabei lebt er nicht nur im schlechtesten Viertel seiner Stadt, sondern wird in diesem sogar als Außenseiter angesehen: Er ist ein »Freak«, der Müll sammelt, anstatt zu versuchen, sich den anderen reicheren Personen anzupassen. Ich finde es extrem erfrischend zu sehen, dass die negativen Seiten und die Missgunst der Menschen untereinander selbst in dieser sozial schwächeren Community gezeigt werden. Sieht man in anderen Werken wie »Tokyo Godfathers« eher Figuren, die durch ihre Armut zusammenfinden und gemeinsam Hürden überwinden, so zeigt »Gachiakuta«, dass auch in diesen Communitys Individuen versuchen, sich Vorteile zu verschaffen, indem sie andere Menschen aktiv oder passiv ausschließen.
Die extrem dreckigen Zeichnungen von Mangaka Kei Urana tun dabei ihr Übriges und verstärken diesen Effekt weiter. Ich wurde in diese Welt hereingezogen und habe direkt verstanden, dass Menschen unabhängig ihrer Lage hier nicht wirklich glücklich werden können. Die einzelnen Lichtblicke – wie die Momente in Rudos Beziehung zu seinem Ziehvater Regto – haben daher bei mir auch einen emotionaleren Eindruck hinterlassen, auch wenn diesen immer nur einige wenige Panels gewidmet werden.
Etwas enttäuscht war ich, dass wir schon ab dem zweiten Kapitel in die Müllwelt von »Gachiakuta« geschmissen werden, da die Oberwelt allein schon viele verschiedene Fragen aufgeworfen hat: »Wie sieht die Hierarchie innerhalb der Slums aus?« »Wie sind die politischen Strukturen der Welt?« Ich bin mir sicher, dass diese Fragen im Laufe des Mangas geklärt werden, ich hätte mich persönlich aber darüber gefreut, direkt im ersten Band mehr über sie zu erfahren, anstatt sofort in eine zweite unbekannte Welt hineingeworfen zu werden.
Ein typischer Battle-Shōnen
GACHIAKUTA © 2022 Kei Urana, Graffiti: Hideyoshi Andou |
Gleich zu Beginn des zweiten Kapitels wird Rudo in einen Kampf mit einem Müllmonster verwickelt. Dieses ist extrem furchteinflößend gezeichnet, sodass ich als Leser direkt verstehe, welche Gefahren in der Unterwelt lauern. Ich hatte dadurch die Befürchtung, dass die relativ spannenden Verflechtungen der Oberwelt in den Hintergrund geraten werden, um Platz für bekannte Battle-Shōnen-Kämpfe zu machen. Nach dem Ende des ersten Bandes hat sich dies aber nur teilweise erfüllt:
Rudo wird zwar dazu gebracht, dem Putztrupp beizutreten, der die unterschiedlichsten Monster mithilfe ihrer besonderen Fähigkeiten beseitigt, die Kämpfe scheinen aber durch seine sehr vielfältige Fähigkeit nicht einseitig zu werden. Ähnlich wie in »Soul Eater« besitzen alle wichtigen Charaktere eine spezielle Waffe, die den Verlauf und den Unterhaltungsgrad der Kämpfe bestimmt – glücklicherweise scheint Rudos Fähigkeit sich aber von denen der anderen Figuren zu unterscheiden, da er nicht nur eine, sondern viele unterschiedliche Waffen nutzen kann, um mit seinen Gegnern zu kämpfen. Diese Vielfältigkeit war auch schon eine der großen Stärken von »Hunter x Hunter« und ich hoffe, dass »Gachiakuta« einen ähnlichen Weg gehen wird.
Zusätzlich ist glücklicherweise auch die Unterwelt nicht nur vom Kampf von »Gut und Böse« geprägt. Zwar ist die erste Aussage »Alle Reichen sind böse und die armen Menschen werden von ihnen unterdrückt« nicht besonders einfallsreich, sie funktioniert als Prämisse aber ziemlich gut, da ich als Leser den Hass von Rudo sowie Enjin auf die Menschen der Oberwelt nachvollziehen kann. Eine weitere Schicht entsteht durch die unterschiedlichen Figuren, die ebenfalls die Unterwelt bewohnen. Wie schon im ersten Kapitel dargestellt, sind die Menschen auch hier nicht eine homogene Masse, die gemeinsam Rache nehmen wollen – vielmehr werden sie als egoistische Wesen dargestellt, die nur handeln, um ihre eigene Stellung zu verbessern.
Was ist Nachhaltigkeit?
GACHIAKUTA © 2022 Kei Urana, Graffiti: Hideyoshi Andou |
In unserer Welt fällt durch die Herausforderungen des Klimawandels immer häufiger der Begriff der Nachhaltigkeit und genau dieses Konzept ist wohl auf unterschiedlichen Ebenen das Leitmotiv von »Gachiakuta«. Auf den ersten Blick wird dem Leser nahegelegt, alle erworbenen Gegenstände wirklich zu nutzen. Rudos Hobby ist es, Weggeworfenes wieder herzurichten, um allen zu beweisen, dass diese Dinge noch einen Wert haben. Denn die Reichen besitzen genug Geld, um sich neue Stofftiere oder Elektrogeräte zu kaufen, wenn ihre erste Gebrauchsspuren haben – auch wenn man diese reparieren könnte. Dabei schwingt Mangaka Urana nicht nur die Moralkeule à la »Wegwerfen ist schlecht«, sondern stellt explizit dar, dass Ressourcenverschwendung einen negativen Einfluss auf die Welt hat. Sie verändert die Umwelt, erschafft Müllmonster und Personen, die weniger Ressourcen besitzen, werden noch stärker getroffen, weil sie entweder zugemüllt werden oder durch die Konsumgewohnheiten der Reichen auch dazu gezwungen werden, Gegenstände neu zu kaufen, weil diese für den schnellen Konsum produziert werden.
Durch die pathetische Metapher, dass Personen, die ihre Gegenstände gut behandeln, ihre Seele in diese hineinstecken, wird der Appell der Nachhaltigkeit noch einmal verstärkt.
Urana macht aber auch Aussagen zur Nachhaltigkeit menschlicher Beziehungen in seinem ersten Band. So dachte ich zu Beginn, dass das Mädchen Chiwa eine gute Freundin von Rudo ist und ihn auf seiner Reise begleiten wird. Von der Polizei als Mörder stigmatisiert verliert sie jedoch jeden Glauben in ihn und die Beziehung scheint sich ohne direkte Kommunikation in Luft aufzulösen. Auch dies kann als Gesellschaftskritik gegen die schnelle Stigmatisierung von sozial schwächeren als Abweichler gesehen werden.
Speziell im Kontrast zu der Beziehung zu Regto appelliert Urana in seiner Geschichte somit, dass Menschen sich nicht nur oberflächlich miteinander beschäftigen sollen, sondern Vertrauen ineinander haben müssen, um eine nachhaltige Verbindung aufzubauen. Inwiefern Rudo dies mit Enjin erreichen kann und ob Chiwa eine Lektion lernt, interessiert mich brennend, weshalb ich mich schon sehr auf den zweiten Band freue.
Fazit – Ein politischer Shōnen-Manga?
»Gachiakuta« hat bei mir beim ersten Lesen eher keinen besonderen Eindruck hinterlassen. Er wirkte wie ein weiterer gut gezeichneter Shōnen-Manga, der in einer dystopischen Welt spielt. Nach dem zweiten intensiven Lesen war ich hingegen positiv von der Serie begeistert. Sie traut sich, offen politisch zu sein, und hebt sich damit von vielen anderen Werken ab. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass diese spezielle Richtung weiter beibehalten wird und dass die zu erwartenden Kämpfe stark von Rudos vielfältiger Fähigkeit profitieren.
Sollte dies geschehen, wird »Gachiakuta« ohne Zweifel einer der heißen Anwärter auf den Manga-des-Jahres-Titel sein. Doch auch sonst sollten Fans von »Chainsaw Man« oder »Jujutsu Kaisen« dem Manga unbedingt eine Chance geben.