Ersteindruck – »Alice in Borderland: Doppelband-Edition« – Die Vorlage zur Erfolgsserie auf Netflix (Band 1)

Warum immer auf eine Review nach Abschluss der Serie warten, wenn man sich schon nach der ersten Episode beziehungsweise dem ersten Band einen Eindruck bilden kann? Da setzt Ersteindruck an und gibt schon einmal einen Ausblick darauf, ob es sich lohnt, dem Anime oder Manga eine Chance zu geben, oder nicht.

Alice Cover
Titel: Alice in Borderland
Genre: Survival, Mystery, Thriller
Mangaka: Haro Aso
Start: November 2010 (Japan)
Januar 2023 (Deutschland)
Bände: in 9 Doppelbänden abgeschlossen
Verlag: Carlsen Manga
Preis: 14,00 € (Band 1 bis 30.06.2023 für 10,00 €)

(Basis für diesen Ersteindruck ist der erste Doppelband.)

Nachdem die zweite Staffel der actiongeladenen und erfolgreichen Netflix-Serie »Alice in Borderland« im Dezember 2022 anlief, zog Carlsen nach und brachte uns Ende des darauffolgenden Januars die Manga-Vorlage als Doppelband-Ausgabe in die Läden. Da es noch gar nicht so lange her ist, dass ich die Serie sah, entschied ich mich, auch das Ursprungswerk zu konsumieren und meine Gedanken dazu in diesem Ersteindruck festzuhalten. Bis dato hatte ich noch nie etwas vom Mangaka Haro Aso (»Zombie 100: Bucket List of the Dead«) gehört und obwohl ich nichts gegen gut gemachte Battle Royale-Anime habe, war auch die Umsetzung als OVA in 2014 komplett an mir vorbeigegangen.

(Zusammenfassung)

Ryohei hat sein Leben satt. Die Schule nervt, sein Liebesleben ist ein Witz und seine Zukunft fühlt sich an wie der drohende Untergang. Woanders wäre sicher alles besser. Als jedoch ein seltsames Feuerwerk ihn und seine Freunde in eine Parallelwelt transportiert, glaubt Ryohei, dass nun all seine Wünsche in Erfüllung gehen. Aber diese neue Welt ist kein Paradies, sondern ein grausames Spiel auf Leben und Tod – Und die einzige Möglichkeit zu überleben, ist, daran teilzunehmen.

Carlsen Manga

 

Plus Der Mensch am Abgrund

Arisu - Scan 1 IMAWA NO KUNI NO ALICE Vol. 1 & 2 © 2011 by Hara ASO / SHOGAKUKAN

Ob es nun um das vermehrte Auftreten von durch den Klimawandel bedingten Naturkatastrophen oder um durch gefährliche Viren verursachte Pandemien geht – nicht nur Hollywood hat erkannt, dass die in der Zukunft drohende Ressourcenknappheit ein großes Publikum beschäftigt: Die Faszination besteht dabei vornehmlich in der Frage, wie sich der Zusammenhalt der Gesellschaft angesichts der Apokalypse gestaltet und wie Menschen in solch einer Extremsituation reagieren und handeln. Als einer von vielen Battle-Royale-Manga beleuchtet »Alice in Borderland« die dunklen Seiten der menschlichen Psyche angesichts des Kampfes um Leben und Tod, beispielsweise wenn die Protagonist*innen sich zwischen ihrem eigenen und dem Leben einer ihnen nahestehenden Person entscheiden müssen. Die Tode sind meistens alles andere als kurz und schmerzlos und sie rücken das bisherige Leben der Hinterbliebenen in ein völlig neues Licht. Haro Aso lässt uns durch die Perspektive von Arisu an solchen Gedanken teilhaben: Wofür lebe ich? Was soll man mit seinem Leben anfangen? Und wofür lohnt es sich eigentlich zu leben? Auch wenn die Handlung das Rad nicht neu erfindet, so bettet das menschenleere, übergrünte Tokyo die Inhalte doch in einen neuen, ungewöhnlichen Rahmen und schafft es, zu beeindrucken.

 

Plus Die Unterschiede zur Realverfilmung

Arisu - Scan 2IMAWA NO KUNI NO ALICE Vol. 1 & 2 © 2011 by Hara ASO / SHOGAKUKAN

Wer genau wie ich zuerst die Umsetzung auf Netflix gesehen hat und sich danach dem Manga zuwendet, wird sich etwas wundern, da sich das erste Spiel komplett von dem in der Serie gezeigten unterscheidet. Arisu, Chota und Karube stolpern hier nämlich in das »Kreuz Drei«-Spiel, weil sie sich zu einem Schrein begeben, dessen Gelände hell erleuchtet und mit bunten Matsuri-Ständen eingedeckt ist. Sie lernen ihre Mitstreiterin Saori kennen und erfahren, dass sie innerhalb einer bestimmten Zeit ein »Omikuji« ziehen müssen, eine Art »Lotterie-Orakel«. Der tödliche Haken daran ist, dass sich auf diesen Zetteln unterschiedlich schwierige Rechenaufgaben befinden und die Differenz der genannten Zahl zur richtigen Antwort als brennende Pfeile auf die vier niederregnet. In der Realverfilmung lernten sie sich stattdessen in einem Gebäude kennen, aus dem sie durch das Wählen der korrekten Türen aus jeweils zwei Möglichkeiten über mehrere Runden versuchen müssen zu entkommen. Bei diesem Szenario drohte ebenfalls der Tod durch Verbrennen.

Es ist durchaus verständlich, dass die erste Aufgabe bei der Netflix-Version für ein internationales Publikum abgeändert wurde, da das Prinzip der »Omikuji« außerhalb Japans sicherlich nicht jeder Person geläufig ist und etwas aufwendiger hätte erklärt werden müssen. Die Idee mit dem Einbinden des japanischen Schreins und des Matsuri für Manga-, Anime- und Japanfans finde ich umso besser.

 

Mixed  Ein paar Schwankungen

Arisu - Scan 3IMAWA NO KUNI NO ALICE Vol. 1 & 2 © 2011 by Hara ASO / SHOGAKUKAN

Der erste Blick auf das Cover-Artwork, auf dem der Protagonist Arisu mit wirklich sehr wild abstehendem spiky Anime-Hair zu sehen ist, erinnerte mich irgendwie an den Stil des Manga »Get Backers« – 2004 bei Egmont Manga & Anime erschienen. Tatsächlich bewegt sich der Zeichenstil am Anfang wirklich noch genau wie bei »Get Backers« zwischen Shōnen und Seinen, wird aber später düsterer. Außerdem ist das Pacing des Manga zu Beginn sehr langsam. Ich erhoffe mir aber, dass dies mit fortschreitender Geschichte noch besser wird. Alles in allem ist das aber Meckern auf hohem Niveau, denn man bekommt im Manga trotz der kleinen Abstriche wirklich eine Menge mehr Einblicke in die Charaktere, als es in der Realverfilmung der Fall war. Die inneren Monologe, die man in der Serie nicht hatte, machen die Geschichte noch fesselnder. Einige Charaktere, wie beispielsweise Klettergenie Usagi oder der geheimnisvolle Chishiya, haben dadurch sogar eine ganz andere Wirkung auf mich. Auch Arisus Familie taucht viel öfter auf und man bekommt noch stärker ein Gefühl für seinen Leidensdruck und seinen anfangs oftmals geäußerten Wunsch nach Eskapismus.

 

Fazit:

Obwohl der Manga »Alice in Borderland« bereits zwölf Jahre auf dem Buckel hat, begeisterte mich der erste Doppelband und hat meinen Einblick in das von Haro Aso entworfene Universum noch mal erweitern können. Es gibt unfassbar viele Battle-Royale-Titel bei Manga und Anime – doch dieser ist definitiv einer der besseren! Wem auch schon der auf Englisch erschienene Retrotitel »Gambling Apocalypse Kaiji« mit seiner Vielfalt an tödlichen und gut durchdachten Spielszenarios gefallen hat, dem wird auch dieser Manga definitiv zusagen – und sein Protagonist Arisu noch um einiges sympathischer sein.

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Rezensionsexemplar - Manga Cult

1 Kommentar zu »Ersteindruck – »Alice in Borderland: Doppelband-Edition« – Die Vorlage zur Erfolgsserie auf Netflix (Band 1)«

  1. Chris-1 sagt:

    Den Manga finde ich persönlich besser und hat auch wesentlich mehr Tiefe. Die pubertären Fantasien stehen für Sehnsüchte nach einem Neuanfang. Somit können auch Erwachsene Leser an dem Manga durchaus etwas anfangen.

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