Wenn Anime-Fans nicht Anime schauen oder Manga lesen, tun sie was? Richtig, vermutlich zocken und darum geht es hier: Wir schnappen uns ein aktuelles Game und schreiben unsere Gedanken dazu nieder, um am Ende die Frage beantworten zu können, ob sich ein Kauf denn jetzt lohnt.

Titel:	Call of Duty: Modern Warfare II
Genre:	Ego-Shooter
Publisher:	Activision
Entwickler:	Infinity Ward
Release:	28.10.2022
USK:	Ab 18 Jahren
UVP:	69,99 Euro

Der 10. November 2009. Für mich begann gerade erst meine berufliche Karriere als Auszubildender im Einzelhandel, doch für die Welt des Gamings startete eine kontroverse Debatte, wie es sie selten gab. Warum ich meine Ausbildung erwähne? Weil ich diese Debatte dadurch hautnah miterleben durfte. Kein Tag verging, ohne dass Kunden fragten: »Ist die Version uncut?« Natürlich bezog sich diese Frage auf »Call of Duty: Modern Warfare II« und die damals in Deutschland entschärfte Flughafen-Szene. 13 Jahre später erscheint nun Modern Warfare II als Remake. Bleiben wir diesmal von einer Kontroverse verschont?

Alles anders und doch vertraut

Bereits das Remake zu Modern Warfare, das am 25. Oktober 2019 erschien, zeigte uns, dass Activision hier nicht den Weg des gewöhnlichen Remakes geht. Statt einer 1:1-Erzählung im neuen grafischen Gewand wurden auch zahlreiche inhaltliche Änderungen vorgenommen. Dieser Trend setzt sich mit Modern Warfare II fort. Und so viel sei vorweggesagt: Die aus dem Original berühmt-berüchtigte Flughafenszene, in der man als Undercoveragent der Hinrichtung von zivilen Geißeln beiwohnt, gibt es nun nicht mehr. Brutal, pathetisch, patriotisch und stellenweise natürlich auch ein bisschen trashig ist das Remake von Modern Warfare II natürlich trotzdem. Und all die Charaktere, die man aus dem Original kennt, allen voran der Fan Favorite Ghost, sind natürlich auch im Remake wieder mit dabei.

Inhaltlich dreht sich alles um die Verfolgung des iranischen Terroristen Hassan Zyani, was uns in der Rolle zahlreicher Soldaten wie zum Beispiel dem aus dem Vorgänger bekannten John Price durch abwechslungsreiche Schauplätze führt und in einer der besten Solo-Kampagnen in der Geschichte von Call of Duty resultiert.

State of the Art

Jeder, der auf Social Media aktiv ist, dürfte rund um den Release von Modern Warfare II am 28. Oktober 2022 die erstaunten und regelrecht gehypten Posts, Videos und Fotos des Amsterdam-Levels gesehen haben. Selten sah ein Spiel so fotorealistisch aus. Es ist eine atemberaubende, aber auch erschreckende Demonstration dessen, wo sich Videospiele in den nächsten Jahren hin entwickeln werden. Doch nicht nur grafisch zeigt Call of Duty wieder einmal, welcher Ego-Shooter technisch seit Jahren die Hosen anhat, auch der Sound ist – anders kann man es nicht sagen – der absolute Hammer. Wer mit guten Kopfhörern spielt oder eine Heimkinoanlage sein Eigen nennt wird von den fetten Bässen, realistischen Waffensounds und der grundsätzlichen Inszenierung der Soundkulissen regelrecht aus dem Stuhl gehauen. Dies führt wieder einmal dazu, dass die Kampagne von Modern Warfare II unfassbar immersiv und actiongeladen ist. Da staunt selbst Michael Bay.

Kein Multiplayer? Kein Problem!

Wer normalerweise vor dem Kauf eines Call of Duty zurückschreckt, weil er mit kompetitiven Multiplayer-Shootern nichts anfangen kann und den Einzelspieler-Modus als reine Tech-Demo abstempelt, sollte nun gut aufpassen. Ja, natürlich gab es in der Vergangenheit Ableger der Reihe, wo dies so zutraf. In denen die Kampagne keine drei Stunden dauerte und aus einfallslosem Rennen von A nach B in Schlauchlevels bestand. Doch dies ist hier definitiv nicht der Fall. Wie weiter oben schon erwähnt, glänzt Modern Warfare II mit einer fantastischen und abwechslungsreichen Kampagne, die den Kauf selbst für alle rechtfertigen, die nichts mit dem Multiplayer Mode anfangen können – und dazu zähle ich mich selbst auch. So geht die Kampagne nicht nur deutlich länger – gute 12–15 Stunden –, sondern bietet mit jedem Schauplatz auch neue Gameplay-Kniffe und Momente, mit denen kaum jemand rechnen dürfte.

Um euch einen Eindruck zu vermitteln, kommt hier möglichst spoilerfrei mein absolutes Highlight. Etwas später im Spiel müsst ihr euch in einer mexikanischen Kleinstadt vor Söldnern verstecken. Verletzt, allein und mitten in der Nacht. Eine Konfrontation mit den Söldnern führt fast immer zum sicheren Tod. Während auf den Straßen also das pure Gemetzel stattfindet, müsst ihr euch von Haus zu Haus schleichen und dabei auf Umgebungsgeräusche und Bewegungen achten. Spätestens wenn ihr die Taschenlampe findet, wird euch klar, was Modern Warfare II hier gerade tut: Es lässt euch in diesem Level einen modernen Horror-Shooter erleben … und dies gekonnt. Die Atmosphäre, die Inszenierung, das Gameplay und die Jump Scares – ja, richtig gelesen. Die Jump Scares fühlen sich so an, als wären Infinity Ward auch im Bereich Horror Meister ihres Fachs.

Solche Gameplay-Überraschungen warten mal mehr, mal weniger drastisch in nahezu jedem Level und sorgen für ein tolles Einzelspieler-Erlebnis, das selbst getreu dem Falle, dass man den Multiplayer ignoriert, zu einem fairen Preis-Leistungs-Verhältnis bei Modern Warfare II führt.

Call of Duty: Modern Warfare 2 – Mein Fazit:

Ganz unerwähnt möchte ich den Multiplayer natürlich nicht lassen, vor allem nicht, weil Modern Warfare II auch den Start von Warzone 2.0 einläutete. Genau das ist ja das Tolle daran: Ihr könnt Warzone 2.0 kostenlos spielen und euch so selbst ein Bild vom Multiplayer machen. Daher habe ich mich hier in diesem Review auf die Singleplayer-Erfahrung konzentriert, die ich wirklich für Fans von übertriebener Action und Shootern generell wärmstens und ohne Kompromisse empfehlen kann. Die übertriebenen »Helden« quellen zwar nur so vor Patriotismus und peinlichen Onelinern über, aber genau wie bei einem John McClane hat dies trotz allem seinen gewissen Charme und Unterhaltungsfaktor. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, wie die hier gesponnene Geschichte, die sich inzwischen massiv von der originalen Modern-Warfare-Reihe unterscheidet, weitergehen wird.

kinoreife Inszenierung abwechslungsreicher Singleplayer technisch State of the Art eine der besten Kampagnen in der Geschichte von CoD	übertrieben viel Pathos und Patriotismus Brutalität nicht für jeden zugänglich schwerer Einstieg in den Multiplayer für neue Spieler