Um auf den Punkt Zeit für ein Spiel bzw die typische Spielzeit bei Spielen einzugehen - ich bin der Meinung…
Ersteindruck – »Tokyo Revengers« – Immer mitten in die Fresse rein! (Band 1)
Warum immer auf eine Review nach Abschluss der Serie warten, wenn man sich schon nach der ersten Episode beziehungsweise dem ersten Band einen Eindruck bilden kann? Da setzt Ersteindruck an und gibt schon einmal einen Ausblick darauf, ob es sich lohnt, dem Anime oder Manga eine Chance zu geben, oder nicht.
Titel: | Tokyo Revengers |
Genre: | Action |
Mangaka: | Ken Wakui |
Start: | März 2017 (JP) |
Bände: | aktuell 27 in Japan |
Verlag: | Carlsen Manga |
Preis: | 12,00 € pro Band |
(Basis für diesen Ersteindruck ist der erste Doppelband.)
Würdest du in deinem Leben etwas anders machen, wenn du die Zeit zurückdrehen könntest? Diese Frage stellen sich Menschen seit Jahrhunderten, beantworten konnte sie aber bisher keiner. Offensichtlicherweise! Hangaki Takemich erhält in »Tokyo Revengers« aber die Möglichkeit, genau diese Frage zu beantworten. Der Shōnen-Hit von Ken Wakui, der im Jahr 2020 mit dem Kodansha-Manga-Preis als bester Shōnen-Manga ausgezeichnet wurde, ist im März endlich in Deutschland als Doppelausgabe erschienen. Nachdem die Mischung aus Zeitreise und Shōnen bei »Erased« mich schon so gut unterhalten hat, frage ich mich, ob »Tokyo Revengers« diesen Mix genauso gut hinbekommen kann.
(Zusammenfassung)
Takemichi ist im Leben am absoluten Tiefpunkt angelangt: Die einzige Freundin, die er jemals in seinem Leben während der Mittelschulzeit hatte, ist von einer skrupellosen Gang getötet worden. Einen Tag nach dieser Hiobsbotschaft wird er am Bahnsteig von einem Unbekannten auf die Gleise gestoßen. Obwohl er sich schnell mit seinem Tod abfindet, öffnet er einen Moment später die Augen und stellt fest, dass er plötzlich 12 Jahre in die Vergangenheit gereist ist! Er beschließt, die Zukunft umzuschreiben und seine Freundin Hinata vor ihrem schrecklichen Schicksal zu bewahren…
Carlsen Manga
Wofür es sich lohnt zu leben
TOKYO REVENGERS © 2017 Ken Wakui / Kodansha Ltd. |
Wie in vielen anderen aktuellen Manga (»Chainsaw Man«, »Kaiju No. 8«) ist »Tokyo Revengers«-Protagonist Hanagaki Takemichi zu Beginn der Geschichte ein Loser, der ohne Selbstvertrauen und Ziel von einem Tag in den anderen lebt. Durch “glückliche” Umstände erhält er eine Kraft, die ihm die Möglichkeit gibt, sein Leben zu verändern. Diese Prämisse wirkt zwar überhaupt nicht revolutionär, schafft aber einen leicht zu verstehende Grundrahmen, auf der die restliche Reihe aufbauen kann. Im Vergleich zu den oben genannten Shōnen-Kollegen erhält Takemichi nämlich keine Fähigkeit, die ihm dabei hilft, Situationen leichter zu bewältigen. Er bekommt nur die Möglichkeit, in bereits erlebten Situationen andere Entscheidungen zu treffen.
Hierdurch ist es für mich als Leser einfacher, mich in Takemichi hineinzuversetzen: Es ist nämlich schwieriger, sich mit einer Person zu identifizieren, die eine Superkraft erhalten hat. Der innere Kampf, den Takemichi in den ihm bereits bekannten Situationen führt, gehört zu den größten Stärken von »Tokyo Revengers«. So weiß Takemichi zwar, dass er von Teilen der Tokyo-Manji-Gang unterdrückt werden wird und möchte sich dagegen wehren, schafft dies aber nicht und entwickelt dadurch eine Art Selbsthass. Als Leser habe ich deshalb Mitleid, gleichzeitig aber auch Abneigung gegenüber Takemichi verspürt: »Warum lässt er sich schon wieder verarschen?« Diese Unsicherheiten und Probleme machen Takemichi zu einem glaubhaften Protagonisten, weil er – das Gegenteil von Kirito in »Sword Art Online« – nicht übermächtig ist und sich jeden kleinen Schritt nach vorne wirklich verdienen muss.
Warum überhaupt Zeitreise?
TOKYO REVENGERS © 2017 Ken Wakui / Kodansha Ltd. |
Ein Problem, mit dem viele Zeitreise-Erzählungen zu kämpfen haben, ist die interne Logik ihrer Zeitreiseregeln. So existieren ellenlange Threads zu den Zeitreise-Problemen in Filmen wie »About Time«, »Butterfly Effect« oder »Minority Report«. Zeitreise-Anime haben in den letzten Jahren hingegen mit »Erased« und »Steins;Gate« eher viel Lob erhalten. Im Vergleich zu letzterer Serie sind die Regeln in »Tokyo Revengers« sehr einfach erklärt: Takemichi kann genau zwölf Jahre durch die Zeit reisen und kommt zurück in die Gegenwart, wenn er den Bruder seiner toten Freundin Hinata einen Handschlag gibt. Die Herkunft der Zeitreise-Kräfte wird glücklicherweise nicht erklärt, da diese Erklärungen häufig nicht gut durchdacht sind und Lücken in der Theorie aufzeigen.
Die einfache Fähigkeit von Takemichi hat einen großen Vorteil gegenüber anderen Zeitreise-Geschichten: Er kann nur einmal in dieselbe Zeit zurückreisen. Das führt dazu, dass die Situationen, in die er sich begibt, wirklich Konsequenzen haben, da er diese nicht noch ein drittes Mal erleben kann. Leider wird mir bisher nicht klar, warum »Tokyo Revengers« ein Zeitreise-Manga sein muss. Die spannenden Geschehnisse finden in der Vergangenheit statt und die Gegenwart dient eher als Plot-Device, um das nächste Ziel in der Vergangenheit zu finden. Die bisherigen Storylines aus dem ersten Band hätten auch als normaler Gang-Manga erzählt werden können. Da gibt es zwar Hanagakis Motivation Hinata zu retten, eine ähnliche Storyline hätte aber auch ohne Zeitreise erzählt werden können.
Eintauchen in das Gangleben
TOKYO REVENGERS © 2017 Ken Wakui / Kodansha Ltd. |
Als Soziologe habe ich ein besonderes Interesse an sozialen Strukturen und speziell dem Zusammenleben in unterschiedlichen Gruppen. »Tokyo Revengers« bietet einen Einblick in eine Welt, die für mich bisher nicht erreichbar war: das Leben einer japanischen Schülergang. Sicherlich gibt es viele andere erfolgreiche Gang-Manga, aber entweder sind diese nicht in Deutschland erschienen wie »Kyō Kara Ore wa!!« oder »Angel Densetsu«, sie sind wie »Hinamatsuri« oder »Yakuza Goes Hausmann« eher als Gag-Serien konzipiert oder sie beleuchten eher Einzelpersonen und nicht das Leben innerhalb der Gang wie »Banana Fish«. »Tokyo Revengers« unterscheidet sich hier, weil wir schon im ersten Band nicht nur die Probleme eines einzelnen Gangmitglieds verfolgen, sondern eine gesamte Organisation vorgestellt bekommen.
So lernen wir relativ schnell die Hierarchie innerhalb der Tokyo-Manji-Gang kennen. Neben einer formellen Hierarchie existiert auch eine Art informelle Hierarchie, sodass Takemichi als Freund des Bosses viele Privilegien besitzt, obwohl er selbst keine offizielle Position in der Gang hat. Gegen Ende des ersten Bandes leiern die beiden Gang-Leader Mikey und Draken außerdem einen großen Kampf gegen eine verfeindete Gang an. Nachdem sich die Gang für einen Kampf entschieden hat, besuchen die beiden die Freundin eines Gangmitglieds, welche von der verfeindeten Gruppe vergewaltigt wurde. Dabei müssen sie sich vor den Eltern des Opfers rechtfertigen. Diese kleinen Details zeigen, dass Ken Wakui seine Kenntnisse über Gangs nicht nur aus Filmen hat, sondern beeindruckend genau recherchiert, wie diese genau funktionieren.
Unterstützt wird dies durch die einfach gehaltene, uniformmäßige Bekleidung der Gang-Mitglieder, die nur zu offiziellen Anlässen getragen wird, wodurch ich als Leser genau verstehe, wann Mikey als »Gang-Boss« und in welcher Situation er als »Mikey« agiert.
Loben möchte ich auch Carlsen für den Umgang mit dem Manji-Zeichen, welches ein Teil der Uniform der Tokyo-Manji-Gang ist. Carlsen hat sich dafür entschieden, das Zeichen nicht zu zensieren, sondern zu kommentieren. Auf der ersten Seite des Doppelbandes befindet sich ein Hinweis sowie eine Verlinkung zu einer Webseite für weitere Informationen darüber, warum das Symbol nicht für den Nationalsozialismus steht. Zusätzlich gibt Carlsen eine Empfehlung ab, das Zeichen nicht in Fanarts oder für Cosplays zu nutzen. Durch diese Kommentierung kann das Ausgangswerk ohne Zensierung in Deutschland erscheinen.
Fazit:
In einem Interview mit Manga Passion äußerte sich Carlsen-Programmleiter Kai-Steffen Schwarz, dass er sich nicht hätte vorstellen können, dass ein Manga über Jugendgangs in Deutschland so erfolgreich ist. Auch ich hätte das bezweifelt – speziell, weil der erfolgreichste Shōnen-Gang-Manga »Yū Yū Hakusho« noch nie in Deutschland erschienen ist. Ich selbst hätte auch eher nicht damit gerechnet. Mit 70.000 Bänden in der Erstauflage zeigt »Tokyo Revengers«, dass diese Angst unberechtigt war.
Der erste Band von »Tokyo Revengers« ist wirklich vielversprechend. Er bietet solide Action, einen interessanten Hauptcharakter sowie eine sehr detailgetreue Darstellung japanischer Jugend-Gangs. Solange die Zeitreise-Mechanik im Laufe der Geschichte nicht zu repetitiv eingesetzt wird, freue ich mich auf den Fortgang der Geschichte.
Sehr gute Review! Ich habe bereits die ersten drei Einzelbände auf Englisch gelesen und den Anime gesehen. In den meisten Punkten stimme ich definitiv zu. Aber der Zeitreise-Aspekt macht die Reihe in meinen Augen erfolgreicher, auch hier in Deutschland. Ich denke, nur Gangs wären da zu wenig gewesen. Und dass wir durch die Zeitreisefunktion immer wieder zu sehen bekommen, was passiert, wenn Takemichi scheitert, ist eine spannende Dynamik. Wäre der Manga auch ohne das gut? Ja. Würden ihn dann so viele abkulten? Vielleicht nicht.
So oder so besticht der Manga aber auch einfach mit vielen coolen Charakteren und ich bin gespannt, wo die Reise hingeht!
Danke dir Olga!
Ich selbst denke auch, dass Zeitreise sehr beliebt ist, ich selbst habe bisher (in Band 1) nur nicht gesehen, warum dieser Manga diesen Aspekt benutzt. Ich stimme dir zu, dass gerade im Westen „nur Gangs“ nicht funktioniert hätten.
Um ehrlich zu sein: Ich kenne den Anime schon und verstehe mit diesem Hintergrundwissen schon viel eher, wofür die Zeitreiseelemente benötigt werden.