Um auf den Punkt Zeit für ein Spiel bzw die typische Spielzeit bei Spielen einzugehen - ich bin der Meinung…
Die Anime-Kolumne – OP-Protagonist und Spannung, geht das?
Genauso vielseitig wie Anime will auch die Anime-Kolumne sein, die sich Teilaspekte aus dem Kosmos herausnimmt und mit Witz analytisch auf dem Grund geht. Das Ergebnis ist dabei offen, interessant wird es aber allemal – wenn nicht, dann lasst es uns wissen.
Ihr kennt sie sicherlich alle: Protagonisten, die gleich zu Anfang eines Anime aus irgendwelchen Gründen so stark sind, dass sie scheinbar von keinem Gegner auf der ganzen Welt mehr besiegt werden können. Ja, in letzter Zeit ist die Fangrate eines solchen in den Anime-Gefilden stark gestiegen und dies haben wir meist dem Gefangen-in-einem-MMO- beziehungsweise Isekai-Genre zu verdanken. Angefangen mit »Sword Art Online« über »Overlord« bis hin zur aktuellen Summer-Season mit »How Not to Summon a Demon Lord« sowie »The Master of Ragnarok & Blesser of Einherjar«, aber auch der nun schon 3. Staffel von Overlord.
Aber was ist daran denn so schlimm? Von der reinen Überpräsenz abgesehen, ist eines der Hauptprobleme eines solchen Protagonisten, dass nach dem klassischen Spannungsaufbau einer Heldengeschichte, welche den meisten dieser Handlungen zugrunde liegt, der Held auch erst mal stärker werden muss. Könnte ich zum Beispiel in einem RPG gleich zu dem letzten Boss laufen und diesen einfach mit einem Schlag besiegen, wäre das Spiel nach kurzer Zeit schon vorbei. Ich würde dann wahrscheinlich alle Motivation verlieren, da es nun kein Ziel mehr gibt, auf das ich hinarbeiten könnte. Ich müsste mich nicht erst durch wehrlose Gegnerhorden kloppen, um irgendwann stark genug zu werden, damit ich meinen letzten Widersacher einen Kopf kürzer machen kann. Ich bin von Anfang an so stark.
Die meisten kennen sicher das Gefühl, wenn sie nach langem Leveln oder Ansammeln von Gold endlich die Möglichkeit haben, etwas Bestimmtes freizuschalten oder zu kaufen wie das erste Reittier in einem MMO oder ein sehr starkes Schwert. Dasselbe Gefühl verspüre ich auch, wenn der Held meines Lieblings-Shōnen-Anime einen weiteren aussichtslos scheinenden Kampf überstanden hat. Aber zurück zu unseren übermächtigen Hohlbirnen: Sind sie wirklich eine so unbesiegbare Bedrohung für den Aufbau von Spannung in einem Anime? Fünf Möglichkeiten, wie man Serien mit OP-Protagonisten wieder Spannung einhaucht.
1. Möglichkeit: Die Flash-Lösung
Flash ist ein Marvel-Superheld, der unglaublich schnell ist. In manchen Comics wird sogar gezeigt, dass er so schnell wie Superman ist. Dies erlaubt es ihm, auch Menschen zu helfen, die in weiter Ferne in Schwierigkeiten geraten. Eine solche wirklich sehr hilfreiche Fähigkeit bringt jedoch eine zentrale Kehrseite mit sich: Er kann trotz seiner Schnelligkeit logischerweise nicht überall gleichzeitig sein. Er ist immer noch nur eine Person. Vielleicht schafft er es, zwei Leute zu retten, wovon der eine in Japan aus einem Hochhaus springt und die andere in Deutschland bedroht wird. Bei einer dritten Person wird es dann aber schon schwierig. Er muss sich also entscheiden, wem er hilft und wem nicht, wen er rettet und wen er vielleicht sogar sterben lässt. Genau dieser Konflikt beziehungsweise dieses Dilemma lässt sich auch mit einem OP-Protagonisten umsetzen. In einer Folge macht das der Anime »How not to Summon a Demon Lord« auch: So kämpft Diablo beispielsweise gerade an der Stadtgrenze gegen eine Armee aus Dämonen und deren Anführerin. Jedoch schleicht sich zur gleichen Zeit unbemerkt ein Dämon in die Stadt und greift dessen Bewohner an. Noch dramatischer wird es, da durch die Angriffe des Dämons die Bewohner wirklich sterben und sogar eine seiner Gefährtinnen das Ziel des Angriffs ist. Bei der Flucht wird sie sogar verletzt. Dadurch entstand, obwohl unser Protagonist selbst nie in Gefahr gerriet, trotzdem Spannung.
2. Möglichkeit: Große Macht, große Verantwortung
Wie sagte Peter Parkers Onkel in »Spiderman« schon: „Aus großer Macht folgt große Verantwortung“. Das gilt auch für Isekai-Anime: Ein typisches Beispiel dafür sind Kriegssettings wie in »Saga of Tanya the Evil«. Sie zeigen das Ausmaß der Zerstörung, geben den Opfern bestenfalls einen Namen und zeigen die trauernden Hinterbliebenden. Der Protagonist wird also mit den verheerenden Folgen seines Handelns konfrontiert und muss damit irgendwie klarkommen. So stellt sich die Frage: Kann man den Tod von unzähligen, unschuldigen Menschen dadurch rechtfertigen, dass man einen Krieg beendet, der schon viel mehr Menschenleben gefordert hat?
3. Möglichkeit: Ihn schwächen
Eine dritte Variante wäre es, den Protagonisten beispielsweise mittels Zauber à la »Dragonball GT« zu schwächen. Wenn er deshalb über einen sehr langen Zeitraum oder sogar für immer machtlos bleibt, müsste er sich seine Stärke wieder erarbeiten und noch einmal eine Heldenreise antreten. Außerdem kann dadurch ein Konflikt zwischen Körper und Geist entstehen, wie man es in »The Breaker: New Waves« sieht. Im Fall von Shi-Woon findet sich der Oberschüler plötzlich in einer Sinnkrise wieder. So müssen diejenigen, welche er bis vor Kurzem noch beschützt hat, nun auf einmal selbst klarkommen – mehr noch ist er nun derjenige, der dessen Schutz benötigt. Seine schwachen, abhängigen Begleiterinnen sehen sich gezwungen, sich dem Feind zu stellen und dadurch physisch als auch charakterlich zu wachsen, was ihnen schlussendlich den Raum gibt, selbstständig zu agieren, selbst wenn der Protagonist kurze Zeit später seine Kraft wiedererlangt. Wie in »Sword Art Online« kann aber auch das Gegenteil eintreten: Hätten Sachi und die anderen Gildenmitglieder sich nicht auf Kiritos Stärke ausgeruht, wären sie nicht gestorben. Es unterstreicht ihre fatale Abhängigkeit und zwingt den Protagonisten auf der anderen aus Schuldgefühlen zu einer Veränderung.
4. Möglichkeit: Einen ebenbürtigen Gegner
Ähnlich wie auch der dritte Weg, fordert Möglichkeit Nummer vier den OP-Status des Hauptcharakters heraus. So würde unser Protagonist nicht mehr so stark wirken, wenn er einen gleich starken oder vielleicht sogar noch stärkeren Widersacher hätte. Diese Strategie wendet zum Beispiel aktuell »The Master of Ragnarok & Blesser of Einherjar« an, wo Andersweltler Yūto zwar strategisch deutlich im Vorteil ist, dann aber nicht immer gegen die pure Kraft und das unglaubliche Selbstbewusstsein seines Feindes ankommt. Am besten wäre natürlich, wenn dieses oberste Übel genau wie unser Protagonist aus einer anderen beziehungsweise aus derselben anderen Welt käme wie im kommenden Anime »So I’m a Spider, So What?«. Das wäre nicht nur ein netter Plot-Twist, beide hätten dadurch die gleichen Voraussetzungen.
5. Möglichkeit: Andere Sitten, andere Moral
Als fünfte und letzte Möglichkeit könnte sich der Protagonist eines Isekai-Anime mit anderen Sitten und abweichenden Moralvorstellungen konfrontiert sehen. So gibt es in vielen Isekai-Welten noch die Sklavenhaltung wie zum Beispiel in »Death March to the Parallel World Rhapsody« oder in dem schon erwähnten »The Master of Ragnarok & Blesser of Einherjar«. Dadurch, dass Yūto und Ichirō so stark sind, können sie genau solche Moralvorstellungen und gesellschaftlichen Zustände herausfordern. Dabei könnten sie aber auf Gegenwehr treffen und so müssen sie sich entscheiden, auf wessen Seite sie sich schlagen. Besonders vertrackt wird es, wenn dieser Widerstand von den eigenen Teamkameraden kommt – sie kommen schließlich aus dieser Welt und kennen es gar nicht anders. Es muss aber nicht zwangsläufig der Hauptcharakter sein, der Zustände herausfordert: So kann ein Antagonist zum Beispiel dadurch eine Bedrohung für unseren viel zu starken Hauptcharakter werden, da er die Verhältnisse dieser Welt komplett ausnutzt – womöglich sogar dafür verantwortlich ist. Er treibt vielleicht sogar ohne zu zögern Sklaven zum Arbeiten an und schickt seine Soldaten grundlos in den Tod. Unser Protagonist wird in diese Welt hineingeworfen und will zu solchen Mitteln nicht per se greifen, besonders da er ganz anders sozialisiert wurde.
Obwohl sie auf solche Strategien verzichten, sind diese Serien unglaublich populär. Wieso ist das so? Diese Frage versuche ich, in meinem nächsten Artikel zu beantworten.