Anime-Review: Death Parade

Death Parade - Cover(Quelle: MAL)
Titel: Death Parade
Genre: Psychodrama
Studio: Madhouse
Release: 2015
Folgen: 12 à 23 Minuten
Publisher: Universum
Preis: zukünftig

Jedes Jahr zeigt Anime Tamago (ehemals: Anime Mirai) vier Kurzfilme und das nicht einfach so: Dieses Projekt dient der Förderung von Junganimatoren und soll ein Zeichen gegen das Outsourcing der Anime-Produktion in andere Länder setzen. 2013 war hierbei in der Geschichte des Förderprogrammes des japanischen Amts für kulturelle Angelegenheiten ein Herausragendes. Nicht nur Little Witch Academia kommt mittlerweile auf zwei Kurzfilme und einen TV-Anime, auch für Death Parade wurde in ebendiesem Jahr der Grundstein mit Death Billiards gesetzt. Das Produktionsteam bei Madhouse blieb jedenfalls zusammen und so kam es 2015 nach viel Lob und Zuspruch zu einer Adaption in eine Serie. Ob das so eine gute Idee war? Oder hätte man sich besser was Neues ausdenken sollen? Dieser Frage nehmen wir uns im Folgenden einmal an.

(Zusammenfassung)

„Willkommen in Quindecim!“

Wenn zwei Menschen zur gleichen Zeit sterben, treffen diese noch ahnungslos in einer Bar auf den weißhaarigen Barkeeper Decim. Doch sobald das Roulett sich in Bewegung setzt, um das Spiel zu bestimmen, steht ein Kampf bevor, der über Tod und Leben der beteiligten Spieler entscheidet. Sobald dann die wahre Natur der Gäste ans Tageslicht tritt, entscheidet nicht das Spiel, sondern Decim als Schiedsrichter, über das Schicksal seiner Spieler. Als eines Tages jedoch ein schwarzhaariges Mädchen auftaucht, die versteht, welches Spielchen mit ihr dort gespielt wird, droht dem Arbiter-System seine Existenzgrundlage wegzubrechen.

Handlung

Würde sich Death Parade nicht mit seinem einzigartigen Setting so stark behindern, hätte ich bestimmt mehr Spaß daran gehabt. Denn wenn über Himmel und Hölle entschieden wird, spielt sich das an wie vielen Orten ab? Richtig, nur an einem. Darauf trifft dann der episodische Erzählstil, der hier sicher die beste Wahl ist, aber nun mal seine besten Zeiten hinter sich hat. Man versucht hier Abwechslung reinzubekommen, indem man eine andere Emotion in den Fokus jeder Folge steht. Alles in allem führt das leider eher dazu, dass Death Parade in seinem Mittelteil ordentlich Fahrt verliert. Nicht verloren gegangen ist jedoch das Feeling des Kurzfilms – ein perfides Spiel, bei dem der Zuschauer selbst den Richter spielt und nie so ganz weiß, wer jetzt eigentlich der Verlierer ist. Zumindest wäre das so, wenn Madhouse nicht sehr früh einiges aufklärt und so viel Spannung aus dem Anime genommen hätte. Im Endeffekt geht es hier übergeordnet aber sowieso mehr um Decims Wandel und sein Urteil, das er über das schwarzhaarige Mädchen fällen muss. Spärlich wird die mysteriöse und bedrückende Stimmung dann hin und wieder von komödiantischen Elementen aufgelockert.

Charaktere

Death Parade steigt wesentlich tiefer in die menschliche Psyche ein als andere Anime. Punkt. Denn ansonsten kriegt man hier eher Durchschnitt. Ein gutes Dutzend flacher Nebencharaktere, eine Handvoll runder Nebencharaktere und – Überraschung – zwei Hauptcharaktere. Dabei steckt gerade in den Gästen der Bar viel Gehirnschmalz, denn ständig wird man hier zu Schwarz-Weiß-Denken gezwungen, um dann in kleinen Flashbacks zu sehen, dass beide irgendwie weder Himmel noch Hölle verdient haben. Einer, der über sie richtet, ist Decim: Er wird zwar als emotionslose, überhöfliche Puppe dargestellt, in seinen Handlungen verstecken sich allerdings Humor und Einfühlsamkeit. Im Gegensatz zu den anderen Barkeepern interessieren ihn Menschen, wodurch er langsam selbst Emotionen entwickelt. Ihm wird eines Tages eine schwarzhaarige Menschenfrau an die Seite gestellt, über die er nicht richten konnte, da sie schon vor dem Spiel wusste, dass sie tot ist. Sie ist sehr emotional, leicht erregbar und hinterfragt alles, wodurch Decim das Spiel mit den Gästen selbst zu hinterfragen beginnt. Zu den wichtigeren Nebencharakteren gehören unter andere die überlegte Nona, die die Bars leitet und Decims Wandel aus Sehnsucht nach einem besseren System verdeckt hält, der frohmütig wirkende Oculus, der das System schuf und entsprechend hart verteidigt, und Ginti, der als Kontrast zeigt, wie Barkeeper eigentlich drauf sind.

Animation

Normalerweise würde ich es einem Anime negativ ankreiden, dass er viele Hintergründe immer und immer wieder benutzt, aber ganz ehrlich: Death Parade spielt im Prinzip halt nur an einem Haupthandlungsort – nämlich Decims Bar. Und diese ist wirklich mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Ein englischer Pub, ein Zen-Garten, ein Theater mit Empore, Quallen-Aquarien: Passt nicht zusammen? Die Grün- und Blautöne lösen dieses Problem, indem sie die ungewöhnliche Bar in ein einheitliches Farbbild hüllen. Schade eigentlich, dass einem hier trotz der begrenzten Handlungsorte, die typischen 3D-Kamerafahrten nicht erspart bleiben – auch wenn es sich zum Glück in Grenzen hält. Auch schön: Die vielen Mineral- und Scherbenstrukturen, die dem Ganzen ein eigenes Feeling geben. Dieses ist natürlich so mysteriös wie die schematischen Körperteilzeichnungen für die Spiele, die sich noch dazu ganz unnatürlich bewegen. Ähnlich verhält es sich mit den unmenschlichen Augen der Barkeeper, dessen Iris ein Kreuz zeichnet. Das Opening mit seinen Zirkusshow-Animationen und das Ending mit seinen Puppen-Designs setzen hier sicher keine neuen Maßstäbe, schön gemacht sind sie aber.

Sound

Auch akustisch ist Death Parade auf einem hohen Niveau: Dabei sticht sehr schnell heraus, dass Yuuki Hayashis Soundtrack wirklich sehr ausgedehnt ist. Zwar ist hier stilistisch viel ähnlich und einige Tracks nur Variationen, lebendig wirkt die Atmosphäre dadurch aber allemal. Zum einen kriegt man immer wieder jazzige und bluesige Barmusik mit viel Saitenzupfen, einigen Trompeten und Glockenspielklang zu hören. Auf der anderen Seite porträtieren Stille, abwechselnd schnell und lang gespielte Streicher, Klavier, Keyboard und ein Geräusch, das wie Gelenkreiben klingt, die trüben und bedrohlichen Phasen des Anime. Opening Flyers von Bradio, einem Track der sehr nach 80er-Jahre klingt, und Ending Last Theater von Noisy Cell, einem komplett englischen rockig-trüben Song, lassen sich hier ebenfalls einem der beiden Seiten des OSTs zuordnen. Schön sind auch die sonstigen Soundeffekte wie Seidenfädenklänge oder Arcade-Mucke. Was mich aber wirklich überrascht hat: Die Synchronsprecher für die vielen Nebencharaktere sind insgesamt betrachtet auf einem guten Niveau und leisten neben den sowieso sehr schönen Hauptcast gute Arbeit.

Fazit

Handlung: Charaktere: Animation: Sound: Gesamt:
6 / 10 8 / 10 8 / 10 8 / 10 74 / 100

Aus einem Kurzfilm geboren traut sich Death Parade etwas, was sich seit Jahren niemand getraut hat – einen episodischen Anime mit stark limitierten Setting zu schreiben. Zuletzt vor gut 10 Jahren gesehen gelingt das eigentlich erschreckend gut. Man könnte sagen dieses Experiment klappt, aufgrund der unheimlich tiefen Gedankengänge zur menschlichen Psyche. Nichtsdestotrotz ist hiermit kein Comeback der episodischen Anime eingeleitet: Der Erzählstil ist einfach verrostet und fesselt schon ewig niemanden mehr an die Fernsehgeräte – da hilft auch kein guter Soundtrack, keine stimmige Animation und auch nicht der beste Synchronsprecher.

Plus Minus
  • einzigartige psychologische Tiefe
  • ganzeinheitlich hübsches Artdesign
  • variationsreiche Soundkulisse
  • Erzähltechnik langweilt schnell
  • Setting limitiert Anime stark

Ähnlich: Angel Beats (Anime) + Alice in Borderland (Manga)

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