Ersteindruck – »Made in Abyss: Seelen der Finsternis« – Der Showdown steht bevor

Warum immer auf eine Review nach Abschluss der Serie warten, wenn man sich schon nach der ersten Episode beziehungsweise dem ersten Band einen Eindruck bilden kann? Da setzt Ersteindruck an und gibt schon einmal einen Ausblick darauf, ob es sich lohnt, dem Anime oder Manga eine Chance zu geben oder nicht.

Made in Abyss: Seelen der Finsternis
Titel: Made in Abyss: Seelen der Finsternis
Genre: Abenteuer
Studio: Kinema Citrus
Jahr: 2020
Länge: 1h 45min
Publisher: Leonine Anime
Filmstart: am 29. September im Kino

Der Australier Kevin Penkin ist in den vergangenen Jahren gewissermaßen zum Posterboy der westlichen Kreativen aufgestiegen, die in ihrem Leben bereits die Möglichkeit hatten, an einer Anime-Produktion mitzuwirken. Bekannt wurde er einer breiten Masse mit seinem Soundtrack zu »Made in Abyss«, der dem Anime seinen mystischen Charme verlieh. Das ist drei Jahre her. In der Zwischenzeit war nicht nur er fleißig und hat unter anderem den Soundtrack zu »The Rising of the Shield Hero« komponiert, das Team bei Kinema Citrus ist ebenfalls an neuen Projekten wie »Revue Starlight« oder »The Rising of the Shield Hero« eben gewachsen. Wie gut der Sequel-Film zum beliebten Abenteuer-Anime letztendlich geworden ist, klärt Dimbula in seinem Ersteindruck.

(Zusammenfassung)

Auf ihrer Expedition sind Riko und Reg bereits bis in die fünfte Tiefenschicht vorgedrungen und ein geheimnisvolles Wesen namens Nanachi kann sie in letzter Sekunde aus misslicher Lage befreien. Die beiden überzeugen sie, sich ihnen anzuschließen und beim Abstieg zu begleiten.

Während Nanachis Wissen um die tieferen Schichten der Gruppe sehr gelegen kommt, scheint auch ein Wiedersehen mit dem brutalen Lord Bondrewd unumgänglich. Denn dieser wacht am einzigen Zugang zur sechsten Tiefenschicht in Idofront und so muss sich die Gruppe im Kampf ihrem Widersacher stellen. Denn nur wenn es ihnen gelingt Bondrewd auszuschalten, können sie den Altar zur sechsten Tiefenschicht passieren und ihrem Expeditionsziel wieder ein Stück näher kommen.

Leonine Anime

Mixed Hinter verschlossenen Türen

Made in Abyss: Seelen der Finsternis - Frame 1

Wer mit »Made in Abyss« Bekanntschaft gemacht hat, wird wissen, dass das Material trotz seines kindlich naiven Looks definitiv kein Kindergeburtstag ist. Fetischisierte Szenen wie eine gefesselte Riku, die von ihrer Waisenhaus-Leiterin für einen heiteren Gag ausgepeitscht wird, gibt es in »Seelen der Finsternis« zwar nicht, dennoch steigt von Ebene zu Ebene merklich das Risiko … und damit die Brutalität. An dieser Stelle eine Trigger-Warnung: Es gibt eine Szene, die Reg nackt an einen Operationstisch gefesselt zeigt. Als wären Schläuche, Nadeln, metallisches Geschirr und fiese Operationsinstrumente noch nicht genug, ist es einfach unverhältnismäßig grausamer die Schmerzschreie und Windungen eines Kindes mit anzusehen als die eines Erwachsenen. Szenen wie diese klingen nach Effekthascherei, fügen sich aber gut in das Gesamtbild um einen legendären Abenteurer mit ausgeprägtem Forschungsdrang ein, der seine Menschlichkeit verloren hat. Der Film spielt zu einem Großteil in seiner Forschungsanlage. Auf mich wirkte das zunächst befremdlich – die kühlen Gänge stehen im krassen Widerspruch zu der Serie, die die Flora und Fauna des Abyss oftmals als ihren wichtigsten Charakter in den Vordergrund stellte. »Seelen der Finsternis« stimmt in dieser Hinsicht wesentlich düsterere Töne an.

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Made in Abyss: Seelen der Finsternis - Frame 2

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Riku und Reg ein menschliches Hindernis entgegenstellt – bei Ozen auf Ebene 2 war es ähnlich und Bondrewd ist genau so ein Fall. »Seelen der Finsternis« erweitert seine Geschichte, die sich um die Experimente dreht, die er an Waisenkindern wie Nanachi und ihrer Freundin Mitty durchgeführt hat. Der Zweck: Eine Lösung gegen den Fluch des Abyss entwickeln, der Höhlentaucher beim Aufstieg aus der sechsten Ebene in unförmige Wesen verwandelt. Dass er eine wichtige Rolle für die Charakterentwicklung des Trios spielt, sieht man schon daran, wie es Nanachi aus dem Konzept bringt, als sich das Dröhnen der Schritte von ihm und seiner Schattenhand-Truppe nähert, gerade weil sie ansonsten so gefasst agiert. Die Charakterdesigns der Schattenhände – Tiefseetaucheranzüge, aus dessen Inneren ein Licht dringt – haben etwas Mysteriöses an sich, während ihre Angewohnheit die Sätze der anderen zu wiederholen, höchst furchteinflößend ist. Bondrewd ist im Gegensatz zu Ozen allerdings ein Soziopath. Er lobt das Höhlentaucher-Trio, wenn sie ihm zuvorkommen, und behandelt sie generell nicht wie Gegner, sondern wie Forschungssubjekte, dessen Wert vom jeweiligen Erkenntnisgewinn abhängt. Dies kommt besonders im Zusammenspiel mit Prushka zum Ausdruck, seiner im Abyss geborenen Adoptivtochter. Diese vertraut ihm selbst dann noch, als sie gemeinsam mit dem Zuschauer seine Gräueltaten mitansehen muss. Der Missbrauch dieses Vertrauens lässt das Ende des Films erst bedeutend wirken.

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Made in Abyss: Seelen der Finsternis - Frame 3

»Seelen der Finsternis« ist wesentlich Kampf-lastiger als die bisherigen Episoden der Anime-Serie und erzählt seine Geschichte mit deutlich mehr Fokus. Dies ist der Grund, warum sich das Material besonders gut für expressive Animationen eignet. Da ist es nicht überraschend, dass Regs schwarze Gestalt mit seinen Schraffuren an Mob aus »Mob Psycho 100« in seiner 100%-Form erinnert. Ob Angriffstechniken wie Regs Wirbelangriff, den er mit seinem ausfahrbaren Arm vollzieht, genauso imposant in einer TV-Version ausgesehen hätten, ist zwar höchst fraglich, die Animationen sind in dieser Szene allerdings auch nicht ganz flüssig. Ein riesiges Upgrade hingegen stellen eine Reihe neuer Vocal-Tracks dar, für die Kevin Penkin aus einem Pool talentierter Sänger schöpft – darunter zum Beispiel ein nordisch klingender Männer-Chor, ein gregorianischer Frauen-Chor, eine Opern-Sängerin, die eine Tragödie darbietet, oder eben Takeshi Saito, der bereits den Insert-Song »Hanezeve Caradhina« in der Serie sang. Diese Tracks sind eigentlich immer ein Ausdruck des Wehklagens der verschiedenen Figuren und unterstreichen wichtige Charaktermomente wie Nanashis Versuch einer Aussprache mit Bondrewd oder Bondrewds Verrat an Prushka. Trotz dessen, dass »Seelen der Finsternis« düsterer ist, ist die Ähnlichkeit mit dem Soundtrack des TV-Anime zu jeder Zeit zu hören.

Fazit:

»Made in Abyss: Seelen der Finsternis« ist ein Tonwechsel, der den Zuschauer darauf vorbereiten soll, was jenseits von Ebene 5 auf Riku, Reg und Nanachi wartet. Der Schritt von expansivem World-Building hin zu fokussiertem Storytelling mag einige vor den Kopf stoßen, geht aber aufgrund seiner expressiven Animationen und vielen Vocal-Tracks auf. Diese schlagen zwar ebenfalls düsterere Töne an, lassen jedoch die aus der Serie bekannten Klänge zu jeder Zeit durchscheinen. Außerdem teilen Bondrewd und Prushka eine sehr interessante Dynamik. Wie relevant diese noch nach dem Film für das Franchise sein wird, bleibt abzuwarten. Ab jetzt werden die Kämpfe nur härter!

»Made in Abyss: Seelen der Finsternis« ist bundesweit am 29. September 2020 in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Kino zu sehen.

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