Um auf den Punkt Zeit für ein Spiel bzw die typische Spielzeit bei Spielen einzugehen - ich bin der Meinung…
Ersteindruck – »I’m Standing on a Million Lives« – Isekai sein oder nicht sein
Warum immer auf eine Review nach Abschluss der Serie warten, wenn man sich schon nach der ersten Episode beziehungsweise dem ersten Band einen Eindruck bilden kann? Da setzt Ersteindruck an und gibt schon einmal einen Ausblick darauf, ob es sich lohnt, dem Anime oder Manga eine Chance zu geben, oder nicht.
Titel: | I’m Standing on a Million Lives |
Genre: | Action, Fantasy |
Mangaka: | Naoki Yamakawa, Akinari Nao |
Start: | Juni 2016 (JP) |
Bände: | aktuell 11 in Japan |
Verlag: | Manga Cult |
Preis: | 10,00 € pro Band |
(Basis für diesen Ersteindruck ist der erste Band. Parallel zur Veröffentlichung des Beitrags verlosten wir in einem Gewinnspiel mit freundlicher Unterstützung von Manga Cult zwei Exemplare des Manga.)
Naoki Yamakawas Erstlingswerk war direkt ein Erfolg. »I’m Standing on a Million Lives« heißt es, umfasst aktuell elf Bände in Japan und ich bin immer noch überrascht, dass die zweite Staffel des Anime bereits kurz vor der Tür steht. Es ist mal wieder ein Isekai, ein Genre, das sich gerade unter Newcomer-Autoren enormer Beliebtheit erfreut, aber dieser Manga basiert gar nicht auf einer Light Novel. Das ist neu und neu ist immer besser, oder? Macht er was anders? Wenn ja, WAS macht er anders? Oder muss man am Ende sagen, dass der Titel besser »I’m Standing on a Million Isekai Cliches« hätte lauten sollen?
(Zusammenfassung)
Der Neuntklässler Yusuke hat keinerlei Ziele im Leben. Er hat weder Freunde noch Interesse an etwas anderem als seinen geliebten Videospielen. Doch eines Tages wird er zusammen mit zwei seiner Klassenkameradinnen in eine andere Welt beschworen, wo sie gemeinsam um ihr Überleben kämpfen müssen! Leichter gesagt als getan, denn noch während Yusuke versucht, sich in seiner neuen Rolle als Held zurechtzufinden, beginnt bereits ihre erste Mission! Und schnell wird klar, dass nicht nur ihr eigenes Leben auf dem Spiel steht, sondern auch das von Millionen anderen …
Manga Cult
Seltene Klasse gleich mehr Power?
Yusuke, unser Protagonist, muss in »I’m Standing on a Million Lives« ein Team mit zwei Klassenkameradinnen bilden und eine Quest erfüllen. Wer stirbt, wird nach 30 Sekunden wiederbelebt. Stirbt die gesamte Gruppe, sterben sie auch in der Wirklichkeit, wo sie nach jeder erfolgreichen Quest hin zurückteleportiert werden. Das geht insgesamt zehn Quests so. Mit jeder bestandenen Aufgabe wächst der Schwierigkeitsgrad sowie die Gruppe um eine Person.
Solche starren Regelkonzepte haben viele Death-Game-Manga wie »Darwin’s Game«, »Real Account« oder »Btooom!« und das muss auch nicht zwangsläufig schlecht sein. Im besten Fall hängen die Aufgaben beispielsweise mit den persönlichen Erfahrungen und Konflikten der einzelnen Figuren zusammen wie in der »Danganronpa«-Videospielreihe. Weder ist das hier der Fall noch nimmt es Naoki Yamakawa mit den Regeln so ganz genau. Das sieht man zum Beispiel daran, dass aufgefressenen Gruppenmitglieder nicht länger neu spawnen, aber ganz besonders am Klassensystem der Fantasy-angehauchten Welt.
Yusuke ist am Anfang ein Bauer und wechselt zum Koch. Ein Vorteil – und ein sehr spannendes System: Man behält seine bis dahin gewonnenen Boni und darf diese über den Klassenwechsel hinaus behalten. In Kontrast zu einer konventionellen Isekai-Welt, wo ein Bauer recht häufig als Klasse vorkommt, ist der Bauer hier eine seltene, aber genauso nutzlose Klasse. Dies wirkt so gewollt Anti-Isekai, dass es am Ende doch nur ein Versuch bleibt und nicht wirklich bei mir zünden konnte. Gerade weil diese seltene Klasse dann doch den Vorteil hat, dass man sie schnell aufs maximale Level gebracht hat, was wiederum den Klassenwechsel auslöst.
Im Kontrast dazu steht der Spielleiter, der mit seinem extravaganten Design stark an seine Kollegen aus »Gantz« erinnert. Er hat nur ein halbes Gesicht und ansonsten auch nichts an. An markanten Stellen hat er Zensuren, was geradezu peinlich detailliert wirkt, im Gegensatz zur ansonsten eher faden Fantasy-Welt. Auch wenn der Spielleiter immer wieder erwähnt, dass man für die Quests nur ein bestimmtes Zeitlimit hat, so kann man dies als Leser in Yusukes erster Quest noch nicht richtig verfolgen, da stellenweise einfach nur von Ort zu Ort zwischen den Seiten gesprungen wird und die verbleibende Zeit nur selten angezeigt wird. Ob dabei Stunden oder Tage vergehen: Dafür kommt kein Gefühl auf. In der einen Szene sitzt er noch im Wald, im nächsten Panel ist er in einer Stadt. Dies ändert sich zum Glück mit Quest Nummer zwei.
Traumabewältigung dank Fantasy-Welt
In puncto Charaktertiefe geht nichts über das Erwartbare hinaus. Im Laufe des Bandes wird relativ deutlich, dass Yamakawas Charaktere allesamt leichte bis schwere Traumata haben, die sie im Laufe der Geschichte überwinden wollen. Ein schwächlicher Körper, der auf Medikamente angewiesen ist, ein noch nicht verarbeiteter Selbstmord der besten Freundin durch Mobbing. Das ist an Klischees kaum zu überbieten. Charakterentwicklung durch Traumabewältigung ist an sich auch kein neues Konzept und kratzt in Band 1 gerade eben so an der Oberfläche. Bislang verhalten sich seine Begleiterinnen einigermaßen identisch. Die Vierte im Bunde, die nach Quest 1 dazugekommen ist, bietet aktuell auch nicht sehr viel. Sie hält Yusuke für einen Perversen, der sie nur deshalb in der realen Welt gerettet hat, um sich an sie ranzumachen, weil sie das in einem ihrer Otome-Games so gesehen hat.
Das größte Problem sind allerdings die unorganischen Dialoge. Eigenbrötler Yusuke philosophiert eigentlich in Gedanken immer nur über die Mechaniken des Spiels sowie seiner Gegner und wann immer Yusuke nicht Teil des Geschehens ist, schwärmen die Mädchen der Gruppe meistens von ihm. Eine Stereotypisierung weiblicher Figuren, wie sie im Buche steht. Selbst die Flashbacks, die in der Welt als sogenannte Protokollpunkte verstreut sind oder sich bei überwiegend statischer Kulisse beispielsweise am Feuer im Nachtlager abspielen, fühlen sich aufgrund der Art, wie sie mit der Geschichte verflochten sind, eher wie ein Abladen von Informationen auf den Leser an.
Wenn der Inhalt nicht so berauschend ist, dann doch wenigstens die Zeichnungen, oder? Leider muss ich auch hier enttäuschen. Die beste Szene ist, wie Yusuke eine Kellerassel zerreißt, welche an und für sich einen einfachen Gegner darstellt. Die Zeichnungen sind auf einem durchweg durchschnittlichen bis guten Niveau. Die abgepausten Hintergründe stehen im starken Kontrast zu den Anime-typischen Charakterdesigns. Außerdem fallen durch die wenigen Grautöne unsaubere und zu dicke Linien stärker ins Gewicht. Die körnigen Rasterfolien, die bei Yusukes Kleidung und den diversen Monstern zum Einsatz kommen, sind auch nichts für jeden Geschmack.
Fazit:
Naoki Yamakawa hatte für »I’m Standing on a Million Lives« wahrscheinlich ein Konzept, aber weder die Weitsicht noch die Fähigkeiten dieses Konzept interessant umzusetzen. Ein Kampf ums Überleben als Auslöser für Charakterwandel ist im Grunde ein gutes Konzept. Was die Spannung angeht, verkommt dieses Konzept jedoch schon in Band eins zu einer Art Running Gag, da es zu keiner Sekunde wirklich eng oder spannend wird. Es gibt Anzeichen dafür, dass Yamada diese Probleme im Laufe der Geschichte in den Griff bekommt. Die unorganischen Dialoge und statischen Kulissen verlangen mir in Band eins dafür allerdings noch einiges an Vorstellungskraft ab.