Um auf den Punkt Zeit für ein Spiel bzw die typische Spielzeit bei Spielen einzugehen - ich bin der Meinung…
Ersteindruck – »The Promised Neverland« – Ist der Anime die perfekte Horror-Adaption?
Warum immer auf eine Review nach Abschluss der Serie warten, wenn man sich schon nach der ersten Episode beziehungsweise dem ersten Band einen Eindruck bilden kann? Da setzt Ersteindruck an und gibt schon einmal einen Ausblick darauf, ob es sich lohnt, dem Anime oder Manga eine Chance zu geben oder nicht.
Titel: | The Promised Neverland |
Genre: | Abenteuer / Horror |
Studio: | CloverWorks |
Release: | 2019 |
Folgen: | 12 à 23 Minuten |
Publisher: | Wakanim |
Erhältlich? | im Simulcast-Abo |
(Basis für diesen Ersteindruck sind die ersten drei Folgen.)
Die Ankündigung der Anime-Adaption des Shōnen-Manga »The Promised Neverland« sorgte bereits im letzten Jahr für großes Aufsehen, nachdem der Titel im März 2018 bei »Carlsen Manga« Einschlug wie eine Bombe. Seitdem wurde er hier aufgrund seines düsteren Plots, der im starken Kontrast zu den bunten Covern und dem an das Kinderbuch »Peter Pan« erinnernden Titel steht, heiß diskutiert. Horror-Fans dürfte auch schon Mamoru Kanbe (»Elfenlied«) als Regisseur aufgefallen sein. Nun da die ersten Episode an den Start gegangen sind, konnten wir uns einen ersten Eindruck verschaffen. Doch wird die Umsetzung den für die Popularität der Vorlage wichtigen Kontroversen gerecht?
(Zusammenfassung)
Das Waisenhaus »Grace Field House«. Ein wohlbehütetes Heim hinter hohen Mauern, in denen Waisenkinder unter der Obhut von »Mutter« bis zu ihrer Adoption aufwachsen. Emma ist eines dieser Kinder, die fröhlich tagein tagaus ihre Zeit mit den anderen Kindern verbringen und die von ihrer »Mutter« auferlegten Aufgaben erledigt. Als jedoch erneut ein Kind das Waisenhaus verlässt, erfährt Emma die schreckliche Wahrheit hinter ihrem wohlbehüteten Leben. Mit einem Schlag ist nichts mehr, wie es war, und Emma muss um ihres und das Leben ihrer Familie kämpfen.
eigene Zusammenfassung
Gut: Viele kleine Andeutungen
Zu Beginn des Anime sehen wir Emma und ihre beiden Freunde Ray und Norman, wie sie an einem riesigen, verschlossenen Tor stehen. Dieses Tor beschützt sie und die anderen Kinder laut »Mutter« vor der Außenwelt. Doch wovor beschützt es die Kinder? Eine Frage, die sich auch die Figuren des Anime stellen. Doch statt sich diese Frage unmittelbar zu stellen, springt das Setting in das alltägliche Leben im Waisenhaus. Wir sehen, wie die Kinder gemeinsam spielen und frühstücken. Das »Grace Field House« wirkt wie ein Ort ohne Erwachsene. Ein Land nur für Kinder wie das Titelgebende »Niemalsland«. Nur »Mutter« hat als einzige Erwachsene ein aufmerksames Auge auf die vielen Kinder, von denen keines älter als 11 ist. Doch warum sind hier keine älteren Kinder? Ist dies hier wirklich das aus dem Märchen bekannte Land, in dem Kinder niemals erwachsen werden? Strukturell gesehen ziehen sich solche Fragen durch die erste Hälfte einer jeden Episode. Achtet man auf Dialoge und Handlung der Figuren erkennt man immer wieder kleine, meist beiläufige Andeutungen in Dialogen, seltenst in länger andauernden Szenen, die einen erahnen lassen, dass das gerade Gezeigte nicht der Realität entspricht. Warum sitzen die Kinder wie Roboter an ihren Schreibtischen und lösen in einen immensen Tempo die ihnen gestellten Aufgaben? Und was ist dieser Score, von denen sie alle sprechen? Doch handelt es sich bei diesen Szenen nicht um maßgebende Handlungsstränge, auf die zugleich eine Antwort auf die Frage folgt. Vielmehr wird dem Zuschauer unmittelbar darauf wieder das alltägliche Leben der Kinder vorgehalten. So sehen wir zum Beispiel Kinder auf einer satten grünen Wiese Fangen spielen und in kleinen Sitzrunden ihre Vorstellungen von ihrem Leben nach der Adoption austauschen. Die geschilderten Momente bleiben dadurch nur kurze Andeutungen, die sich im Verlauf einer Folge anhäufen, um dann den Figuren und auch dem Zuschauer als unverblümte Wahrheit entgegenzuschlagen. Dieser Aufbau findet sich in jeder Episode wieder. Immer wieder spielt der Anime durch diese Foreshadowing-Momente mit dem Kontrast zwischen vorgespielter Realität und Wahrheit.
Gut: Animationen, die den Kontrast verbildlichen
Ein Blick in die erste Episode reicht bereits aus, um sich darüber im Klaren zu werden, dass der bereits durch den Manga vorgegebene Kontrast zwischen Zeichenstil und Inhalt durch die vielen Möglichkeiten, die sich durch das Medium »Anime« ergeben, visuell ausgeprägt umgesetzt wird. Die große Palette an Lichteffekten und die Möglichkeit des ebenenweisen Aufbaus des Bildes geben den produzierenden Studios die Möglichkeit, eine Welt zu erschaffen, die ebenso wie die Dialoge und Handlung die Wahrheit hinter der vorgespielten Realität verbergen. So sehen wir zum Beispiel in einer Szene die Kinder auf einer hell erleuchteten grünen Wiese fröhlich miteinander spielen, während sich in einer der hinteren Ebenen ein in dunklen Grüntönen gehaltener Wald erstreckt. Dieser bildet neben der Mauer die Grenze zwischen dem Leben der Kinder und der wirklichen Welt.
Neben den Lichteffekten kommen animationstechnisch stetig bekannte Effekte aus Horrorfilmen zum Einsatz: Schnelle Schnitte, Jumpscares in entscheidenen Szenen und verzerrte Close-ups sind nur einige Beispiel für die vielen Mittel, die genutzt werden, um die fröhlich falsche Realität mit der Wahrheit zu durchschneiden.
Ein weiterer Punkt sind die Hintergründe: Man erwartet aufgrund des Titels eine bunte, belebte Welt voller Spielzeug und mit vielen Reizen, welche die Entwicklung der Kinder fördern sollen. Überraschenderweise findet sich von diesen Objekten kein einziges in den Hintergründen wieder. Das Waisenhaus wirkt schlicht, gar ein wenig steril. Die Farben der Hintergründe sind in kühlen Farbtönen gehalten und Objekte verblassen in flachen CG-Formen, was den Stil des dafür zuständigen Hintergrundstudios (»Overlord«, »Gantz«) wiedergibt. Auch wenn die Kinder alle dieselbe einfache, weiße Kleidung tragen, schaffen sie es durch den extremen Ausdruck ihrer Emotionen stettig von dem blassen Hintergrund abzulenken. Eine gewollte Ablenkung? Ich denke schon. Das Waisenhaus wirkt auf den ersten Blick wie ein sicherer Ort, in denen die Kinder sich aufgrund ihres heiteren Lebens wohlfühlen. Bei näherer Betrachtung wird jedoch klar, dass dies kein Lebensraum für Kinder ist.
Gut: Shōnen-Protagonist mal anders
Schaut man »The Promised Neverland« kommt man vielleicht zumindest darauf, dass der zugrundeliegende Manga beim japanischen Verlag Shueisha (»My Hero Academia«, »Boruto«) veröffentlicht wird, für Verwirrung sorgt jedoch nicht nur das Horrorfilm-ähnliche Setting, sondern in erster Linie die Shōnen untypische Protagonistin. In der Regel lassen sich die Shōnen-Protagonisten wie folgt zusammenfassen: männlich, dumm, einfältig, mit einen leichten Hang zum Nervigen, was Protagonisten wie Naruto, Ruffy oder Asta beweisen. Dass Shōnen-Anime auch mit weiblichen Protagonisten funktionieren, haben bereits Werke wie »Soul Eater« bewiesen. Optisch lässt sich Emma in die Tomboy-Richtung einordnen. Emma beweist durch ihren hohen Score bei den IQ-Tests und ihrer Strategie beim Fangspiel, dass sie klug und gerissen ist. Anstelle des Hangs zum Nervigen tritt ihre kindliche Naivität. Ist gerade diese kindliche Naivität der Punkt, der Emma nun so etwas besonderen macht? Das vom Autor angegebene Alter der Protagonisten und ihr Verhalten stehen bei Geschichten aus dem Shōnen-Genre oftmals im Konflikt zueinander, was dazu führt, dass man die Charaktere schnell für junge Erwachsene hält. Emma dagegen ist wirklich noch ein Kind. Sie träumt davon, eines Tages auf einer Giraffe zu reiten, verbringt ihren Altag am liebsten damit, Spiele zu spielen, hat zwar Träume, aber keine übertriebenen Ziele, wie der Stärkste von allen zu werden. Aber hat Emma nun rein gar nichts mit den vielen männlichen Protagonisten gemeinsam? Doch das hat sie: ihr großes Herz! Gerade die Tatsache, dass Shōnen-Protagonisten bereit sind, für die ihnen wichtigen Personen alles zu geben und sie zu beschützen, ist es, was sie zu Helden macht. Emma liebt die anderen Kinder und ihre Mutter vom ganzen Herzen. Sie sind ihre Familie. Entsprechend mitreißend ist gerade der Moment, in dem sie die Wahrheit über »Mutter« erfährt. Sie möchte am liebsten mit allen fliehen, was auf den ersten Blick einfältig wirkt, bedenkt man, dass viele ihrer »Geschwister« noch Babys und Kleinkinder sind. Doch eigentlich vermischen diese Gedankengänge nur ihre beiden stärksten Charakterzüge miteinander: ihre kindliche Naivität und ihr großes Herz.
Fazit
Blicken wir zurück auf die eingangs gestellte Frage, ob der Anime es schafft, den Widerspruch der Manga-Vorlage aufzugreifen und ihm gerecht zu werden, lässt sich diese Frage mit »Ja« beantworten. Genau wie der Manga vertuscht auch der Anime seine Wahrheit hinter Eyecatchern wie dem Charakterdesign. Die auf den ersten Blick fröhliche Welt verbirgt eine große Menge an Geheimnissen. Gerade die Animationen tragen einen großen Teil dazu bei, wobei auch Dialoge und Handlung immer wieder kleine Fragen aufwerfen. Der Anime verlangt demzufolge vom Zuschauer ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Ähnlich wie die bunten Cover des Manga gaukelt auch der Anime einem auf den ersten Blick das versprochende Niemalsland vor. Je genauer man hinsieht, umso mehr offenbart der Anime jedoch die grausame Wahrheit hinter dem Schauspiel und sorgt dadurch für ähnlich viel Diskussionsstoff wie einst der Manga.