Angezockt – Stella Glow

Wenn Anime-Fans nicht Anime schauen oder Manga lesen, tun sie was? Richtig, vermutlich zocken und darum geht es hier: Wir schnappen uns ein aktuelles Game und schreiben unsere Gedanken dazu nieder, um am Ende die Frage beantworten zu können, ob sich ein Kauf den jetzt lohnt.

Mit Stella Glow wurde vergangenen Jahres das letzte Kapitel des 2015 bankrottgegangen Entwicklerteams Image Epoch geschrieben, die als Entwicklerstudio für Atlus unter anderem 2007 mit Luminous Arc das erste rundenbasierte RPG für den DS herausbrachten. Im März kam das Spiel über Dirigent Alto – im metaphorischen Sinne – und die fünf singenden Hexen dann über den ehemaligen Atlus-Europapublisher NIS America zu uns. Ob nun letzten Endes das Geld gefehlt hat oder Stella Glow ein würdiger Abschied nach 10 Jahren Firmengeschichte war, zeigt der Test.

 

Die Hexe des Untergangs

Zurück zur HauptstadtIn einer fiktiven Fantasy-Welt ist es den Menschen als Strafe für ihr Auflehnen gegen Gott vor 1000 Jahren, nicht länger möglich zu singen. Umso erstaunter ist Alto, als er auf der Jagd in den nahen Wäldern seines Heimatdorfes Mithra, wo er vor einigen Jahren ohne Erinnerungen aufwachte, einen lieblichen Gesang wahrnimmt. Er findet sich in einem Konflikt mit der Hexe Hilda wieder, dessen Lied sein Dorf in eine Kristalllandschaft verwandelt.

Als einzige Überlebende fliehen Alto und Lisette, die Tochter seiner Adoptivfamilie, in die Hauptstadt des Landes Regnant, nur um herauszufinden, dass in Lisette ebenfalls die Kräfte einer Hexe schlummern. Kaum angekommen finden sich die beiden als Mitglieder der Eliteritter der Königin wieder, um die verbleibenden drei Hexen, die über das ganze Land verstreut sind, aufzuspüren und der fortschreitenden Kristallisierung des Landes Einhalt zu gebieten.

 

Der Dirigent und seine Sängerinnen

Kampf in der WüsteWie alle Spiele des Entwicklers fällt auch Image Epochs letztes Spiel in die Kategorie der klassischen, rundenbasierten Rollenspiele mit einer für das Genre typischen Spielzeit von etwa 30 Stunden. Dabei bewegt man wie im klassischsten Genrevertreter Final Fantasy Tactics die Charaktere Zug für Zug über das gerasterte Feld, führt eine Aktion wie Angriff oder Heilen aus und bestimmt am Ende die Blickrichtung. Treffsicherheit und Schaden werden dabei nicht nur durch Fähigkeiten und Statuswerte, sondern auch durch Terrain, Höhenunterschiede und die Richtung, aus der man angreift, bestimmt. Auch die KI prügelt hier gnadenlos auf euer schwächstes Glied ein. Einzig neu sind dabei die Lieder, die die Hexen im Kampf ausführen können und mächtige Angriffe oder Buffs entfesseln – wahlweise auch ausgelöst von Dirigent Alto.

Ein Blick ins OnsenIch weiß, was ihr denkt: Ein männlicher Dirigent, der seine weiblichen Sängerinnen stimmt? Klingt nach einem weiteren perversen Haremgame. Und vermutlich habt ihr da nicht ganz unrecht. Gerade die ersten Kapitel leiden unter den wechselnden Skriptschreibern und es dauert seine Zeit, bis das Spiel so richtig zündet. Zwischendurch wird die sympathische Story auch gerne durch Klischee-Szenen wie den Aufenthalt in einem Onsen (= japanisches Bad mit heißem Quellwasser) unterbrochen. In Tuchfühlungsszenen dringt ihr außerdem in die Seele der Kameradinnen vor, um ihre Ängste und Sorgen dort in Kämpfen zu vertreiben, was euch und die Hexen einander näherkommen lässt. Das beiseite ist Stella Glow aber ein unterhaltsames 3DS-Spiel.

 

Ein Fall fürs Museum?

Mordimort im KampfIn der Zeit zwischen den Missionen findet sich der Spieler entweder auf der Weltkarte oder in der Hauptstadt Lambert wieder, wo ihm oberflächlich eine Menge geboten wird. Er kann an optionalen Kämpfen teilnehmen, mit seinen Kameraden reden, arbeiten, nach neuer Ausrüstung suchen, neue Ausrüstung kaufen oder aufwerten. Im Endeffekt stellte sich hierbei nur das Reden mit den Kameraden als sinnvoller Zeitvertreib heraus, der sowohl aktive als auch passive Fähigkeiten in ebendiesen weckt. Jeder dieser Charakter hat hier zwar seinen eigenen Kampfstil, eigene Fähigkeiten und eigene Ausrüstung, aber gerade die Ausrüstung zum Beispiel weicht nur in Angriffs-, Verteidigungs- und Genauigkeitswerten voneinander ab. Diese sind zwar noch mit Orbs auswertbar, der Fokus liegt aber auf anderen Dingen wie den kleinen Kampfanimationen. Viel mit den 3D-Effekten des 3DS wird aber auch hier nicht gearbeitet.

Alto führt einen Angriff ausKostspielig dürfte noch mal der Soundtrack bestehend aus mehr als ein Dutzend von bekannten Synchronsprecherinnen eingesungenen Songs und den Kompositionen von Chrono Trigger-Komponist Yasunori Misuda gewesen sein. Ebenfalls einen guten Job machen hier die englischen Synchronsprecher, die ihr euch gezwungenermaßen anhören müssen, denn eine Option für deutsche Untertitel oder japanische Originalstimmen gibt es nicht. Gespart hat man hingegen bei den Gegnern, die höchstens in anderer Farbe mit minimalen Änderungen daherkommen.

 

Fazit:

grüner DaumenAuch wenn Image Epoch bereits die Pforten geschlossen hat, kommen Liebhaber von klassischen, rundenbasierten Rollenspielen definitiv noch einmal auf ihre Kosten. Das Spiel ist mit seinem Umfang und seinem etwas angestaubtem Gameplay dabei zwar eher was für Zwischendurch, aber gerade die hervorragenden Synchronsprecher und der Soundtrack von Chrono Trigger-Veteran Yasunori Mitsuda halten einen dann doch bei der Stange.

 

Plus Minus
  • sympathisches Anime-Drama
  • guter Spannungsbogen
  • minimalistische Rundenstrategie der alten Schule
  • stimmige Vertonung der Charaktere
  • ausgezeichnete Musik von Yasunori Mitsuda
  • zu viele Skriptschreiber am Werk
  • nicht ausgereifte Gameplay-Funktionen
  • nur wenige Gegnertypen
  • wenig Wiederspielwert

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