Die Anime-Kolumne – In »Aho Girl« haben alle Charaktere eine Schraube locker

Genauso vielseitig wie Anime will auch die Anime-Kolumne sein, die sich Teilaspekte aus dem Kosmos herausnimmt und mit Witz analytisch auf dem Grund geht. Das Ergebnis ist dabei offen, interessant wird es aber allemal – wenn nicht, dann lasst es uns wissen.

Schon mal asiatische Comedy-Sendungen wie das koreanische »Gag Concert« gesehen? Dieser ultrastumpfen Wortwitz-Humor gepaart mit seinen unvorhergesehenen Pointen … Ich liebe ihn – wenn auch nur in sehr kleinen Dosen. Und auch im Anime-Bereich gibt es jede Season ein kleines Kontingent solcher Gag-Shows: »My Girlfriend is a Faithful Virgin Bitch«, »Haven’t you Heard? I’m Sakamoto«, »The Disastrous Life of Saiki Kusou« oder auch »Aho Girl«, welcher es mir dieses Jahr besonders angetan hat. Normalerweise wäre nun also die logische Konsequenz, einen der Protagonisten für unsere Anihabara Awards als besten Anime-Charakters des Jahres zu nominieren, aber da gibt es ein Problem: In »Aho Girl« sind alle Charaktere schlechte Menschen.

Yoshiko (schlafend)Aber worum geht’s? In »Aho Girl« – einem Kurzanime aus der Sommerseason – geht es um das titelgebende idiotische Mädchen Yoshiko Hanabatake, dessen Grips und Leidenschaft für Bananen nahelegen, dass sie statt vom Menschen von Primaten abstammt. Tatsächlich hat sie aber keine Lernschwäche oder geistige Behinderungen, sie will an diesem Zustand einfach nichts ändern, was zu urlustigen Gesprächen zwischen Yoshiko und der jung-motivierten Lehrerin Atsuko Oshieda führt. Sogar die Grundschüler, mit denen sie vorzugsweise die Zeit auf dem Spielplatz verbringt, statt den Unterricht zu besuchen, halten sie für völlig verantwortungslos.

Akuru schlägt YoshikoDie einzige Person, die sich gewissermaßen zunächst für das Mädchen interessiert, ist Klassenkamerad und Nachbarsjunge Akuru Akutsu – obgleich seine Motive dafür fragwürdig sind. Im Gegensatz zu Yoshiko, die ihm mit der Vorstellung, dass sie ein Paar werden könnten, den letzten Nerv raubt, ist er wirklich intelligent. Genauso extrem sind aber auch seine physischen Gewaltausbrüche und hochnäsigen Sprüche, die auf Kosten von Yoshiko gehen. Da gibt es nur ein Problem: Seine Schwester Ruri Akutsu kapiert nicht einmal die einfachsten Mathe-Rechnungen – hat vielleicht sogar eine Lernbehinderung, was Akura als etwas zu fürsorglichen Bruder und sie selbst aus Angst, so zu werden wie Yoshiko, verzweifeln lässt.

Yoshiko reitet auf InuZunächst normal wirken dagegen Yoshie Hanabatake – Yoshikos Mutter – und die namenlose Vorsitzende des Ordnungsdienstes. Hat Erstere die eigene Tochter schon früh aufgegeben und sieht die Heirat von Yoshiko und Akutsu als die letzte Chance für ihre Rente, verliebte sich Letztere in den Jungen als Reaktion auf Yoshikos Angriff auf ihre Brüste und den darauffolgenden schmerzhaften Kinnhaken von Akutsu gegen die Angreiferin. Dass Yoshie, die ihre Altersvorsorge bedroht sieht, zu den schmutzigsten Tricks – wie das Aufmalen von Nippeln auf den Bikini – greift, um sie bloßzustellen, überspielt bloß, dass die Ordnungsdienst-Vorsitzende selbst perverse Gedanken im Zusammenhang mit Akutsu hegt, wenn sie ihm nachstellt. Wie grenzdebil dieser Anime aber wirklich ist, merkt man erst, wenn die wohlerzogene Mitschülerin Sayaka Sumino als einzige Normalagierende die ganzen beknackten Situationen im Kontrast noch beknackter wirken lässt.

Fassen wir also zusammen: »Aho Girl« ist wirklich saukomisch, auch oder gerade weil alle Charaktere außer Haustier Inu unausstehlich sind und keinerlei Identifikationsfläche bieten. Aber kann man wirklich einen Hund als Anime-Charakter des Jahres nominieren? Mein Verstand setzte wieder ein: »Für eine Auszeichnung ist er dann doch zu unwichtig«, sagte ich mir und konnte das Jaulen des Vierbeiners schon in meinem Kopf hören, begab mich dann aber trotzdem erneut auf die Suche nach einem Anime-Charakter für unsere Awards, der noch alle Tassen im Schrank hat …

Eine weitere Anime-Kolumne von mir und viele weitere Gastbeiträge gibt es den ganzen Dezember bei House of Animanga.

2 Kommentare zu »Die Anime-Kolumne – In »Aho Girl« haben alle Charaktere eine Schraube locker«

  1. Sehr guter Beitrag 🙂 Liest sich wie immer sehr flüssig und widmet sich einem interessanten Thema. Vielen Dank für die erwähnung unserer Gastbeitrags-Reihe und wir sind gespannt auf deinen Beitrag dazu Dimbula 😉 LG Mia

  2. Dimbula sagt:

    Ist doch Ehrensache 😉
    Wen’s interessiert: Ich widme mich in meinem Beitrag der Dualität in Inuyashiki.

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